CAT-Grid, memoQ, Machine Translation & Co. – wer sich durch unseren Blog und unsere Website klickt, stößt unweigerlich auf das eine oder andere Fremdwort. Hinter vielen dieser Wörter stecken für die Übersetzung – und damit auch für den Übersetzungseinkauf – wichtige Tools. In diesem Artikel erklären wir, was genau unter einem CAT-Grid zu verstehen ist.
Um die Funktionsweise eines CAT-Grids zu verstehen, ist zunächst ein kleiner Exkurs in die Welt der CAT-Tools sinnvoll.
Das CAT-Tool
„CAT” steht für „Computer Aided Translation” und bezieht sich üblicherweise auf das CAT-Tool. Das ist jene Software, die als Hilfestellung zur Übersetzung von Sprache verwendet wird. Zu diesen Tools für die computergestützte Übersetzung gehören zum Beispiel memoQ, SDL Trados Studio oder Across.
Wenn Sie mit einer Übersetzungsagentur zusammenarbeiten, kommt diese Software in folgenden Anwendungsfällen zum Einsatz:
-
Bei der Übersetzung selbst: Der Übersetzer arbeitet direkt im CAT-Tool, um Ressourcen wie Translation Memories und Termdatenbanken effizient zu nutzen und von diversen arbeitserleichternden Funktionen zu profitieren.
-
Bei der Revision: Wenn die Übersetzung abgeschlossen ist, redigiert der Revisor die Übersetzung im CAT-Tool, indem er Ausgangstext mit Übersetzung vergleicht und bei Bedarf Korrekturen einpflegt. Um die einzelnen Arbeitsschritte im Anschluss besser nachvollziehen zu können, tracken manche CAT-Tools, wer welche Änderungen gemacht hat.
-
Im Projektmanagement: In der Übersetzungsagentur (LSP) ist das CAT-Tool die wohl wichtigste Software. Denn der Projektmanager nutzt sie, um den Ausgangstext zu analysieren und darauf aufbauend ein Angebot zu erstellen. Anschließend wird das CAT-Tool benötigt, um das Projekt den passenden Übersetzern und Revisoren zuzuweisen, Rückfragen zu verwalten, den Fortschritt zu verfolgen und nicht zuletzt für die Qualitätssicherung.
-
Im Asset Management: Wie bereits berichtet, setzen wir uns für eine Namensänderung der internen Übersetzungsabteilung in „Language Asset Manager” ein. Warum – das erfährst du hier. Beim Auftraggeber der Übersetzungen, also meist in der internen Übersetzungsabteilung, findet die Verwaltung der Translation Memories, der Termdatenbanken sowie der Referenzmaterialien statt. Die Language Asset Manager beauftragen die Übersetzungen und arbeiten in Folge eng mit den Projektmanagern der Agentur zusammen. Sie sind es, die die Bedürfnisse ihres Unternehmens und ihrer Texte kennen, und daher das CAT-Grid gestalten können.
Nachdem wir die Funktionen des CAT-Tools geklärt haben, sehen wir uns im nächsten Schritt genauer an, worauf das CAT-Grid basiert – nämlich auf der CAT-Tool-Analyse des Ausgangstextes im Zusammenhang mit dem Translation Memory.
Die CAT-Tool-Analyse
Am Anfang jedes Übersetzungsprojekts steht die Angebotserstellung durch den Projektmanager. Hierfür nutzt dieser das CAT-Tool, indem er in der Software
- die neuen zu übersetzenden Dokumente...
- mit den bereits übersetzten Texten (dem Translation Memory)...
- und den bestehenden Termdatenbanken...
- in ein neues Übersetzungsprojekt zusammenführt.
Damit ist der Grundbaustein für die anschließende Analyse im CAT-Grid gelegt. Bei der eigentlichen Analyse führt die Software folgende Schritte durch:
-
Sie vergleicht, welche Sätze (Segmente) bereits übersetzt wurden.
-
Sie analysiert, wie hoch die Ähnlichkeit von noch nicht übersetzten Segmenten im Vergleich zu bereits übersetzten Segmenten ist – die so genannte Match-Rate von Segmenten.
Das Ganze sieht dann beispielsweise so aus:
In der ersten Spalte „Type” ist zu erkennen, wie hoch die Match-Rate ist, also wie sehr die Segmente der zu übersetzenden Ausgangstexte den bereits übersetzten Segmenten gleichen. Zum besseren Verständnis der einzelnen Begriffe bedarf es hier noch etwas Erklärung:
-
„X-translated / double context”: Dient der Überwachung von Vorgänger-Dateiversionen und stellt noch mehr Kontextinformationen als reine Translation-Memory-Analysen bereit. So können bessere TM-Matches gefunden werden.
-
„Repetition”: Steht für die Zahl der Segmente, die sich innerhalb der zu übersetzenden Ausgangstexte wiederholen.
-
„101%”: Die „101%” sind die so genannten „Kontext-Matches”. Das bedeutet, dass hier nicht nur der Inhalt des Segments zu 100 % mit einem bereits übersetzten Segment übereinstimmt, sondern dass sich darüber hinaus auch die Segmente direkt davor und danach genau mit denen vor und nach dem bereits übersetzten Segment decken.
-
„100%”: Diese Segmente stimmen genau mit einem bereits übersetzten Segment überein, haben jedoch nicht die gleichen Segmente davor und danach wie im Fall der 101 %-Matches.
Das CAT-Grid
Wenn die Analyse durch das CAT-Tool abgeschlossen ist und die Ergebnisse in den verschiedenen Match-Kategorien vorliegen, kann sich der Language Asset Manager (der Auftraggeber) Gedanken über das CAT-Grid machen: Dieses bezeichnet die potenzielle preisliche Abstufung des Wort- oder Zeilenpreises entsprechend der einzelnen Match-Kategorie. Doch ob diese Abstufung auch tatsächlich sinnvoll ist, kann nur ein informierter Language Asset Manager entscheiden – idealerweise in enger Zusammenarbeit mit seinem Projektmanager.
Wie genau die CAT-Analyse in der Praxis aussehen könnte und welche Konsequenzen sich daraus für den Übersetzungseinkauf ergeben, zeigen die folgenden beiden Anwendungsbeispiele:
Anwendungsbeispiel 1:
In diesem Fall liegt ein Translation Memory mit sehr guter Qualität in Kombination mit qualitativ hochwertigen Ausgangstexten vor. Dabei sind die Ausgangstexte so übersetzungsgerecht geschrieben und die Qualität der bereits übersetzten Segmente so gut, dass alle Matches über 85 % nur einen geringen Aufwand für den Übersetzer darstellen. Übersetzungsgerechtes Schreiben kann folglich Kosten sparen. Wie genau übersetzungsgerechtes Schreiben geht, haben wir in diesem Artikel beschrieben. Unter diesen Umständen ist ein entsprechender prozentualer Preisnachlass für die Matches über 85 % gerechtfertigt, und alle 101 %-Matches (sogenannte „Kontext-Matches”) werden gar nicht verrechnet.
Anwendungsbeispiel 2:
In diesem Beispiel liegt ein Translation Memory mit nicht zufriedenstellender Qualität vor. Da es Qualitätsprobleme gab, hat der Auftraggeber den Übersetzungsdienstleister gewechselt. Die Probleme waren so gravierend, dass die im Translation Memory vorhandenen Übersetzungen nicht einfach ungeprüft übernommen werden können. In diesem Fall würde man dieses Translation Memory mit einem Penalty versehen, sodass alle Matches aus diesem Translation-Memory einen Abzug in der Match-Rate erhalten (bei einem Penalty von 5 % wäre ein 100 %-Match also nur ein 95 %-Match). Da eine genaue Prüfung dieser Segmente erforderlich ist, würde man auch die Vergütung für den Übersetzer entsprechend anpassen. Das „alte” Translation Memory würde man in diesem Fall nur als Referenz-TM einsetzen, aus dem man die vorhandenen Vorschläge holt. Alle geprüften und neu übersetzten Segmente würde man aber in ein neues Translation Memory speichern.
Fazit: Für den Umgang mit CAT-Grids braucht es Expertise auf beiden Seiten
Die beiden Beispiele verdeutlichen, dass das CAT-Grid eng mit der Qualität der Ausgangstexte und der Qualität der bestehenden Translation Memories verbunden ist. Gepaart mit der Tatsache, dass CAT-Grids in der Praxis auch Verhandlungssache mit den einzelnen Übersetzern sind, erklärt dies, warum es geschulte Language Asset Manager braucht, um die Optionen des CAT-Grids mit dem Dienstleister besprechen zu können.
Sie wollen Ihre Expertise zum Thema CAT-Grid aufbessern und wissen nicht, wo Sie anfangen sollen? Wir stehen Ihnen gerne beratend zur Seite!
Die im Text gewählten personenbezogenen Bezeichnungen sollen sich ausdrücklich auf alle Geschlechter in gleicher Weise beziehen. Soweit im Text die männliche Form gewählt wurde, geschah dies aufgrund der besseren Lesbarkeit. Hintergründe zu unserer Entscheidung finden Sie in unserem Artikel So lebt MEINRAD das Thema Gleichberechtigung und gendergerechte Sprache.
Titelbild: © MEINRAD