Strategie und Übersetzungsabteilungen? Diese beiden Wörter werden selten im selben Satz genannt. Während es auf Fachkonferenzen meist um Tools, Trends und Zukunftsaussichten geht, wird eine proaktive strategische Planung von Übersetzungsabteilungen bisher vernachlässigt. Das möchten wir ändern – wie und warum erfahren Sie hier.
Der unterschätzte Wert der internen Übersetzungsabteilung
Die Stellung der internen Übersetzungsabteilung ist für andere Abteilungen oft unklar. Im Umkehrschluss erhält sie meist nicht die Aufmerksamkeit und Anerkennung, die sie benötigt. Die strategische Planung der Übersetzungsabteilung wird so zu einem Punkt, der schnell vernachlässigt wird – und das völlig zu Unrecht. Denn Übersetzungsabteilungen bieten ihrem Unternehmen nicht nur die Gelegenheit für Kosteneinsparungen, sie sind außerdem wichtige „Asset Managers“. Häufig wird unterschätzt, dass die Übersetzungsabteilung kostbare Assets des Unternehmens verwaltet, beispielsweise Translation Memories und Termdatenbanken.
Wir möchten auf den Wert und die Relevanz der internen Übersetzungsabteilungen aufmerksam machen und Sie dabei unterstützen, dieses Potenzial unternehmensintern voll ausschöpfen zu können.
Warum strategische Planung ein Must-Have ist, auch für Übersetzungsabteilungen
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie beantragen Budget für ein neues CAT-Tool und die Einstellung eines neuen Mitarbeiters für die Übersetzungsabteilung bei Ihrem Vorgesetzten – und dieser genehmigt den Vorschlag mit Handkuss. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Warum genau das öfter Realität werden sollte – und wie das mit Hilfe strategischer Planung funktionieren kann, erklären wir Ihnen an einem Beispiel:
Die Leiterin der internen Übersetzungsabteilung eines Unternehmens X, Frau Müller, erkennt in einer Evaluation ihrer internen Übersetzungsabteilung folgende Probleme und Verbesserungspotenziale. Allen voran verursachen ein umständliches CAT-Tool sowie uneinheitliche Ausgangstexte einen Effizienzverlust und erhöhen darüber hinaus die Frustration der Mitarbeiter. Als Gegenmaßnahme führt die engagierte Frau Müller mit einem modernen CAT-Tool eine Analyse der Ausgangstexte durch, um zu erkennen, welche Auswirkungen die Uneinheitlichkeit der Ausgangstexte hat. Dabei stellt sie folgendes fest:
- Das Unternehmen X hat in den letzten Jahren mehrere zehntausend Euro ausgegeben, weil die Interpunktion nicht einheitlich war.
- Darüber hinaus sind mehrere hunderttausend Euro geflossen, weil Sätze immer wieder leicht verändert worden sind, ohne dass diese Änderungen inhaltlich relevant waren.
Mit diesen Ergebnissen in der Hand stehen Frau Müller nun mehrere Optionen offen:
Option 1: Dienstleisterverhandlungen
Die erste Option besteht darin, Druck bei den Übersetzungsdienstleistern auszuüben und entweder die Preise allgemein zu senken, oder ein neues CAT-Grid zu verhandeln, welches die hohen Fuzzy-Matches noch günstiger verrechnet als üblich.
Option 2: Abteilungsübergreifender Druck für bessere Ausgangstexte
In der zweiten Option verwendet Frau Müller die Analyse, um in ihrem Unternehmen die Auswirkungen von uneinheitlichen Ausgangstexten aufzuzeigen und so für bessere Qualität bei den Ausgangstexten zu sorgen.
Option 3: Druck Richtung Unternehmensführung für mehr Kapazität und ein besseres CAT-Tool
Als dritte Option könnte Frau Müller die Zahlen als Argument dafür verwenden, die Einstellung eines Mitarbeiters zu genehmigen, der die Ausgangstexte vereinheitlicht, bevor sie übersetzt werden. In dieser Option wird im Idealfall auch ein Budget für ein neues, modernes CAT-Tool ausgehandelt, da nur dieses gezielt auf Inkonsistenzen prüfen kann.
Soweit, so gut. Aber für welche der drei Optionen sollte Frau Müller sich entscheiden? Das hängt ganz von ihrer langfristigen Strategie ab.
Wenn Frau Müller schnelle Erfolge möchte, entscheidet sie sich für Option 1. Dadurch erhält sie ein Plus in der Controlling-Abteilung, hat jedoch im gleichen Atemzug die Beziehung zu ihrem Übersetzungsdienstleister verschlechtert. Im Worst-Case wird dieser von nun an jeden noch so kleinen Gefallen verrechnen, um die finanziellen Einbußen wettzumachen.
Fazit von Option 1:
- Gut für einen schnellen Karriere-Bonus von Frau Müller
- Schlecht für die langfristige Zusammenarbeit mit dem Übersetzungsdienstleister
- Keine Arbeitserleichterung in der Abteilung
Option 2 ermöglicht eine Verbesserung der Ausgangstexte. Dies erspart der internen Übersetzungsabteilung sowohl Arbeitsaufwand als auch Frust. Darüber hinaus könnte sich dieser Einsatz positiv auf die Karriere von Frau Müller auswirken.
Fazit von Option 2:
- Gut für die Karriere von Frau Müller
- Gut für die Mitarbeiter der Übersetzungsabteilung
- Gut für das Unternehmen als Ganzes
- Eventuell nicht allzu gut für die tägliche Zusammenarbeit mit den internen Auftraggebern
Option 3 ist eine interessante Option, wenn Frau Müller dringend ein neues CAT-Tool und mehr Kapazität für die Abteilung benötigt, aber keinen anderen Weg im Unternehmen findet, diese zu erhalten.
Fazit Option 3:
- Kein großer Karriere-Bonus für Frau Müller, weil der große Mehrwert fürs Unternehmen oft unbemerkt bleibt
- Nachhaltige Hilfe für die Übersetzungsabteilung durch den zusätzlichen Mitarbeiter
- Gut für das Unternehmen als Ganzes, da bessere Qualität, Einsparungen und optimierte Prozesse ermöglicht werden
Tipp: Wem Vorgehensweise Nummer 3 gefällt, dem sei das Buch „Managing Up” ans Herz gelegt.
Die Situation von Frau Müller zeigt, dass in Übersetzungsabteilungen wichtige Potenziale für Kosteneinsparungen und die Optimierung der Übersetzungsabteilung, und damit wertvolle Vorteile für das gesamte Unternehmen, stecken. Doch um diese aufzudecken und gezielt einsetzen zu können, ist eine strategische und langfristige Planung essenziell.
Überzeugt? Wie beginnt man dann am besten mit der strategischen Planung?
Um Ihnen den Einstieg in die strategische Planung etwas zu erleichtern, haben wir für Sie ein 4D-Assessment erstellt. Das Assessment offenbart Anhaltspunkte für den dringendsten Handlungsbedarf in der Übersetzungsabteilung.
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Wenn Sie gerne weitere Blogartikel zu diesem Thema lesen möchten, beispielsweise mit genaueren Anleitungen und Empfehlungen, geben Sie uns gerne Bescheid. Wir freuen uns über jede Rückmeldung und über jede Gelegenheit, Ihnen Unterstützung zu bieten!
Die im Text gewählten personenbezogenen Bezeichnungen sollen sich ausdrücklich auf alle Geschlechter in gleicher Weise beziehen. Soweit im Text die männliche Form gewählt wurde, geschah dies aufgrund der besseren Lesbarkeit. Hintergründe zu unserer Entscheidung finden Sie in unserem Artikel So lebt MEINRAD das Thema Gleichberechtigung und gendergerechte Sprache.