Zu Beginn der meisten geschäftlichen Partnerschaften gehört eines dazu wie das Amen im Gebet: Preisverhandlungen. Hat man mit Übersetzungen sonst wenig zu tun, kann man gar nicht wissen, wo überall Verhandlungsspielraum liegt. Hier sind 12 Punkte, die Sie mit einem Übersetzungspartner ausverhandeln können, um die besten Konditionen zu erhalten.
Wortpreise
Übersetzungsdienstleistungen werden zumeist in Wortpreisen verkauft (nur in seltenen Fällen wird noch auf die etwas veraltete Verrechnungsart zurückgegriffen und mit Normzeilen gerechnet). Die Wortpreise variieren je nach Sprache und Service-Level und befinden sich vermutlich irgendwo zwischen EUR 0,11 und 0,30. Den Wortpreis zu verhandeln ist natürlich die offensichtlichste Verhandlungsstrategie und ja, hier kann tatsächlich einiges rausgeholt werden. Auch wenn es im ersten Moment so wirkt, als würde man lediglich Cent-Beträge verhandeln, so macht es am Ende des Tages einen großen Unterschied, ob man EUR 0,13 oder EUR 0,18 pro übersetztes Wort bezahlt. Hier ein Rechenbeispiel:
Ein Handbuch mit rund 130 Seiten beinhaltet durchschnittlich 80.000 Wörter. Hier der Vergleich der Wortpreise:
- 80.000 x 0,13 = EUR 10.400
- 80.000 x 0,18 = EUR 14.400
Der Preisunterschied von EUR 4.000 ist dabei auch für noch so große Konzerne ausschlaggebend - vor allem, weil ein Handbuch ja nicht nur in eine Sprache übersetzt wird, sondern in vielen Fällen in bis zu 25 Sprachen (oder noch mehr). Wir sprechen hier also sehr schnell von Summen bis zu EUR 100.000, die auf diese Weise eingespart werden können.
Es zahlt sich jedenfalls aus, tatsächlich auf jeden einzelnen Cent zu achten. Aber Achtung: Wer hier zu viel Druck macht, drückt nicht nur den Preis, sondern auch die Qualität! Anstatt also nur den Wortpreis selbst zu verhandeln, sollte man auf jeden Fall einen Faktor in die Verhandlung mit einbeziehen: das Service-Level.
Service-Level
Führt der Einkauf mit einem Übersetzungsbüro Gespräche, ist natürlich klar, was der Einkäufer braucht: (möglichst günstige) Übersetzungen. Viele Wege führen aber zu einer Übersetzung. Je nach Sprache und Ausgangstext ist nicht immer der gleiche Wege der beste. Man unterscheidet Service-Levels:
- Machine Translation + Full Post-Editing (MTPE)
- Machine Translation + Full Post-Editing (MTPE) und Revision
- Humanübersetzung
- Humanübersetzung und Revision nach ISO 17100
- Transcreation
Um Kosten zu sparen, sollte man natürlich sicherstellen, dass das Übersetzungsbüro überall dort Machine Translation einsetzt, wo es sinnvoll ist – das ist der günstigste Weg zu einer Übersetzung. Genauso sollte man auch sicherstellen, dass das Übersetzungsbüro bei Marketing-Texten Humanübersetzung oder Transcreation einsetzt und bei heiklen Texten wie Verträgen auf eine Revision nach ISO 17100 besteht. Die Wortpreise bei letzteren Service-Levels sind höher, aber was man sich mit dazu kauft, ist Sicherheit. Denn man möchte sich nicht ausmalen, welche Kosten ein möglicher Fehler in einem rechtlich bindenden Vertrag verursachen kann. Und wer hier denkt, die Fehler einfach an den Dienstleister abzuwälzen, der sei gewarnt – bei der Auswahl des Dienstleisters und der Leistung gilt es, die Sorgfaltspflicht einzuhalten. Kurz zusammengefasst: Übersetzungen sollten nicht über einen Kamm geschert werden und das Übersetzungsbüro sollte beraten und erklären. Einigt man sich nämlich gemeinsam auf das passende Service-Level, spart man langfristig an vielen Stellen.
» Hier mehr über Service-Levels und deren Eignung für verschiedene Ausgangstexte erfahren.
CAT-Grid
Das CAT-Grid regelt bei der Zusammenarbeit mit einem Übersetzungsbüro die Rabattstruktur. Die Prozentzahlen in einem CAT-Grid beziehen sich dabei auf den Wortpreis. Das CAT-Grid zeigt an, wie viel Prozent des Wortpreises zu bezahlen sind. Steht im CAT-Grid also, dass 60 % verrechnet werden, so handelt es sich um einen 40%igen Rabatt. Wie das CAT-Grid genau aufgebaut ist, ist hier nachzulesen. Für den Einkäufer sind drei Faktoren wichtig:
- Je niedriger die Prozentsätze im CAT-Grid, umso besser.
- Lassen Sie sich das CAT-Grid und die Überlegungen dahinter genau erklären und hinterfragen Sie, welche Vorteile die Arbeit mit oder ohne Prüfung hat.
- Je besser man sich in das Thema einliest, umso besser kann man beim Thema mitreden und umso stärker ist die Ausgangslage bei Verhandlungen.
Hier ein Beispiel eines eher komplexen CAT-Grids:
- In der Tabelle sehen wir drei verschiedene Service-Levels [Humanübersetzung, MT + Full Post-Editing und Revision (mit dem grünen Rahmen hervorgehoben)].
- Im orangen Rahmen hervorgehoben sehen wir die %-Sätze aus der CAT-Tool-Analyse. Die CAT-Tool-Analyse vergleicht die neu zu übersetzenden Dokumente mit bereits übersetzten Texten und dem Translation Memory. Je ähnlicher sich einzelne Textsegmente sind, umso höher die Match-Rate (oranger Rahmen) und umso niedriger die Kosten.
- Bei 101 %-Matches (also Segmenten, die bereits übersetzt und im Translation Memory gespeichert wurden) gilt es zu entscheiden, ob diese “blind” übernommen werden sollen (= ohne Prüfung) oder noch einmal von einem Übersetzer kontrolliert werden sollen (= mit Prüfung). Die Entscheidung hängt davon ab, wie die Qualität des Translation Memorys ist. Auch hier können Kosten eingespart werden, indem von Anfang an auf hohe Qualität geachtet wird und man sich somit eine ständige Prüfung der Einträge im Translation Memory erspart.
- Der blaue Rahmen zeigt die Prozent, die vom Wortpreis bezahlt werden. In diesem Fall wird für einen 85 - 94 %-Match bei Humanübersetzung 90 % des Wortpreises bezahlt. Man bekommt sozusagen 10 % Rabatt auf diese Kategorie.
Unterschiedliche Rabattmöglichkeiten
Volumenrabatt
Für Einkäufer ist ein Mengen- bzw. Volumenrabatt ein bekanntes Thema. Auch bei Übersetzungen spielt das Volumen eine große Rolle. Für das Projektmanagement im Übersetzungsbüro macht es keinen Unterschied, ob es einen Job mit 100 Wörtern oder einen Job mit 10.000 Wörtern managt. Der Aufwand für das Aufsetzen und Bearbeiten des Jobs ändert sich kaum. Daher ist natürlich ein Job mit 10.000 Wörtern weitaus lukrativer. Für den Einkauf bedeutet das vor allem eines: Sprechen Sie mit Ihren Abteilungen und stellen Sie sicher, dass so viel wie möglich zentral bei einem Übersetzungsdienstleister bestellt wird, und so wenig Kleinstaufträge wie möglich. Volumenrabatte liegen zwischen 1-10 % und können einen deutlichen Preisunterschied ausmachen.
» Mehr über die Vorteile eines zentralisierten Übersetzungseinkaufs ist hier zu finden.
Planungsrabatt
Die Möglichkeit des Planungsrabatts wird bei Verhandlungen oft übersehen. Wertvoll ist er für all jene, die keine Eile mit ihren Übersetzungen haben. Eine typische Klausel in einem Vertrag kann so aussehen:
Wenn zwischen Angebotsannahme und Übersetzungsbeginn ≥ 10 Werktage sein dürfen, erhalten Sie 2 % Rabatt auf das Projekt. |
Ein Übersetzungsbüro kann für Vorausplanung einen Rabatt gewähren, da es die Planbarkeit im Projektmanagement um einiges erleichtert. Denn, je schneller die Übersetzung benötigt wird und je kürzer die Liefertermine sind, umso höher sind das Stresslevel und der Aufwand im Projektmanagement. Wenn das Übersetzungsbüro vorausschauend planen kann, so kann auch der Kunde durch das Gewähren eines Planungsrabatts davon profitieren.
Mindestpauschalen
Das Gegenteil von Volumenrabatten sind sozusagen Mindestpauschalen. Sie können bei Kleinstaufträgen anfallen. Denn bei der Verwaltung eines Jobs mit 100 Wörtern fällt so gut wie der gleiche Aufwand an, wie bei einem Job mit 10.000 Wörtern. Übersetzungsbüros (und auch freiberufliche Übersetzer, mit denen Übersetzungsbüros zusammenarbeiten) müssen bei kleinen Aufträgen Mindestpauschalen verrechnen, damit es kein Minusgeschäft wird. Ein Einkäufer hat hier folgende Möglichkeiten gute Bedingungen zu verhandeln:
- Werden regelmäßig große Volumina (ab ca. 450.000 EUR Umsatz jährlich) bestellt, so wird das Übersetzungsbüro kaum auf Mindestpauschalen bestehen. Ein paar kleine Aufträge sollten also jedenfalls “drin sein”, wenn man dem Übersetzungsbüro regelmäßig viel Umsatz beschert.
- Ist nicht mit so großen Umsätzen zu rechnen, und man weiß aber trotzdem, dass regelmäßig Kleinstaufträge anfallen werden, so gibt es zwei Möglichkeiten:
- Intern mit den Abteilungen sprechen und klären, ob gewartet werden kann, bis eine entsprechend größere Textmenge zu übersetzen ist, sodass die Mindestpauschale nicht anfällt.
- Einen höheren Wortpreis akzeptieren, dafür aber die Mindestpauschale streichen.
Bei letzterem Beispiel hilft es, sich das Ganze gemeinsam mit der Abteilung durchzurechnen.
Hier ein Beispiel:
Die Marketingabteilung hat regelmäßige kleine Aufträge zu übersetzen. Man möchte dabei die Prozesse nicht unnötig kompliziert gestalten und Zeit “verschwenden”, indem das Team warten und rechnen muss, ab wann es das Mindestauftragsvolumen erreicht hat.
Akzeptiert man einen etwas höheren Wortpreis – in unserem Beispiel EUR 0,17 pro Wort ohne Mindestpauschale anstatt EUR 0,15 pro Wort + Mindestpauschale von EUR 40 pro Auftrag, so kann es sein, dass man sich durch diese Verrechnung einiges erspart. Wenn das Marketing-Team regelmäßig Texte mit weniger als 235 Wörter übersetzen lässt, zahlt sich der neue Wortpreis aus. Denn:
Angenommen, es werden 200 Wörter übersetzt:
Alter Preis. 200 x 0,15 = 30 EUR |
→ der Kunde bezahlt aufgrund der Mindestpauschale 40 EUR |
Neuer Preis. 200 x 0,17 = 34 EUR |
→ der Kunde bezahlt 34 EUR, da die Mindestpauschale entfällt. |
Es zahlt sich also aus, sich mit der internen Abteilung abzusprechen und zu sehen, welche Bedürfnisse die Abteilung hat.
Layout-Arbeiten und Desktop-Publishing (DTP)
Gute Übersetzungsbüros haben immer eines im Sinn: das beste für den Kunden. Oft heißt das, dass Übersetzungen fix und fertig geliefert werden sollen. Der Kunde muss also nach Lieferung keinen Finger mehr krümmen. Dieser Service kostet natürlich. Hier gibt es also eindeutig Einsparungspotenzial. Lässt man das Übersetzungsbüro wissen, dass man Layout-Arbeiten und DTP lieber selbst macht, spart man sich diesen Teil.
Andersrum gilt auch: Wenn ein Übersetzungsbüro bei den Wortpreisen keinen Verhandlungsspielraum mehr hat, so könnte man sich als Einkäufer zumindest kostenloses DTP rausschlagen. Dabei am besten mit der betroffenen internen Abteilung sprechen und klären, ob DTP-Tätigkeiten gerne selbst übernommen werden, oder man es ohnehin lieber auslagert möchte
Stornogebühren
Auch hier lässt sich ungenutztes Einsparungspotenzial finden, das in viele verschiedene Richtungen ausgelegt werden kann. Wenn eine Abteilung weiß, dass Stornierungen so gut wie nie vorkommen, kann dies als Verhandlungsbasis genutzt werden. Für das Übersetzungsbüro sind Stornierungen nämlich sehr zeitaufwendig, und sie verursachen auch tatsächlich Kosten. Deshalb findet man in Rahmenverträgen oft Klauseln zu diesem Thema.
Eilzuschläge
Zeit ist Geld und manchmal ist weder das eine, noch das andere vorhanden. Stress ist der größte Feind im Projektmanagement, daher sind Übersetzungsbüros zum Teil gezwungen, den Mehraufwand hinter knappen Deadlines zu verrechnen, um kein Minus-Geschäft zu machen. Auch hier ist Verhandlungspotential für den Einkäufer zu finden. Wenn dieser weiß, dass es ohnehin nie Eilaufträge geben wird, kann hier ein bewusst hoher Betrag angesetzt werden. Als “Gegenleistung” kann man beispielsweise bei den Wortpreisen oder an anderen Stellen feilschen.
Änderungsgebühren
Für Projektmanager ist es ein großer Aufwand, wenn ein Kunde nach Projektstart Änderungswünsche bekannt gibt. Freilich ist alles machbar, aber nachträgliche Änderungen verursachen viel Aufwand. Eine solche Gebühr soll die entstehenden Kosten decken, aber auch dazu anhalten, sicherzustellen, dass ein Text bereit für die Übersetzung ist. Ein Einkäufer kann also die Mitarbeiter, die Texte in die Übersetzung geben, darauf hinweisen, dass Änderungswünsche, die nach Beauftragung geäußert werden, kostspielig sind und vermieden werden sollten. So verschafft man sich gegenüber dem Übersetzungsbüro eine bessere Verhandlungslage.
Projektvorbereitung
Damit ein Übersetzungsbüro professionell in einem CAT-Tool arbeiten kann, müssen die Ausgangstexte so aufbereitet werden, dass sie einfach ins CAT-Tool importiert werden können. Das braucht, je nach Dateiformat, Zeit. Ein Einkäufer sollte sich also genau ansehen, welche Dateiformate im Wortpreis inkludiert sind und für welche Dateiformate eine zusätzliche Gebühr verrechnet wird. Wiederum gilt: Man spricht sich am besten mit jenen ab, die die Übersetzungen in Auftrag geben. Denn sie wissen, welche Dateiformate sie ans Übersetzungsbüro senden. Somit können auch hier die Kosten beeinflusst werden.
Terminologiearbeit & Referenzmaterial
Dies sind zwei weitere Bereiche, in denen ein Einkäufer die Preise beeinflussen kann: Terminologiearbeit ist eine wichtige Sache und kann langfristig einen Haufen Geld sparen. Kurzfristig muss man aber natürlich Geld in die Hand nehmen, um ordentlich Terminologiearbeit zu leisten. Spricht man sich mit dem Übersetzungsbüro genau ab, was man an Terminologiearbeit vom Übersetzungsbüro erwartet und was nicht, so kann man auch hier an gewissen Ecken und Enden sparen.
Ebenso gilt das für Referenzmaterial. Soll Referenzmaterial beim Übersetzungsauftrag berücksichtigt werden, verursacht das Aufwand, der vergütet werden muss. Je besser das Referenzmaterial aufbereitet ist, umso weniger Aufwand entsteht für das Übersetzungsbüro. Ein weiterer Punkt für den Einkäufer. Man kann dem Übersetzungsbüro einfach eine Aufgabe stellen und sagen: "Wir müssen noch wo einsparen und sind auch bereit, dafür zu arbeiten. Wie sollen wir das Referenzmaterial aufbereiten, damit die Verwendung für das Übersetzungsbüro praktischer und somit günstiger wird?" Sieht das Übersetzungsbüro die Zusammenarbeit als Partnerschaft, kommt man mit solchen Gesprächen bestimmt zu einer Lösung!
All-in Service gewünscht?
Für jeden Einkäufer und jedes Übersetzungsbüro ein Traum: Geld spielt nur eine Nebenrolle und Qualität steht an oberster Stelle. Dann sieht das Ganze wieder anders aus. Denn dann kann man sich den Rahmenvertrag und alle Prozesse rundherum so richten, wie es die Abteilungen tatsächlich benötigen, um qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten. Auch dafür haben Übersetzungsbüros eine gute Arbeitsweise: Die Wortpreise werden tendenziell höher angesetzt, dafür wird nicht jede Kleinigkeit (also Eilzuschläge, Änderungs- und Stornogebühren usw.) extra verrechnet. Wichtig dabei: Der Einkäufer und das Übersetzungsbüro müssen wissen, was nötig und was möglich ist, und dann gemeinsam auch bei Preisverhandlungen an einem Strang ziehen. Am Ende des Tages geht es ja noch immer um eine (Geschäfts)beziehung.
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