Als Eva Reiterer die E-Mail erhielt, dass sie bei der tcworld China in Shanghai einen Workshop halten soll, war die Freude groß. Denn wie oft hat man schon die Gelegenheit auf einer so internationalen Konferenz vorzutragen? Durch diese Möglichkeit tauchte Eva in eine komplett andere Welt ein, deren kulturelle Unterschiede sich nicht zuletzt – passend zum Thema des Workshops „To lead others, learn to lead yourself” – in den verschiedenen Führungsstilen zeigen.
Ein Wandel in der chinesischen Führungskultur
Der Workshop bot also eine passende Gelegenheit, sich mit kulturellen Differenzen in Führungsstilen zu befassen. In den Vorbereitungen wurde schnell klar, dass die Führungskultur in China nach wie vor stark von hierarchischem Denken geprägt ist. Dennoch gibt es Anzeichen für einen Wandel. Der in der westlichen Arbeitswelt stark spürbare Drang nach flacheren Strukturen und Selbstverwirklichung nimmt auch unter den chinesischen Arbeitnehmenden zu, was auch von den Teilnehmern in Evas Workshop bestätigt wurde. Für Interessierte am Thema gibt es übrigens hier einen interessanten Artikel über die Vorteile von flacheren Strukturen am Beispiel der amerikanischen Special Operations Forces.
Kein Raum für Widerspruch
Trotz des spürbaren Wandels in der Arbeitskultur haben westlich geprägte Führungskräfte in China noch einige kulturelle Hürden zu überwinden. Das Gesicht zu wahren hat hier nach wie vor oberste Priorität. Aus diesem Grund und wegen des konfuzianisch geprägten Harmoniebedürfnisses ist es in China nicht üblich, den Vorgesetzten zu widersprechen oder Vorschläge anzubringen. „Nein” zu sagen ist verpönt, wodurch auch Entscheidungsprozesse in chinesischen Unternehmen oft mehr Zeit in Anspruch nehmen als in westlichen.
Eine große Familie
Ein weiterer interessanter Aspekt, nach dem sich so manche westliche Arbeitnehmende vielleicht sogar sehnen könnte, ist der äußerst familiäre Ansatz in chinesischen Unternehmen. In China wird das komplette Unternehmen als eine große Familie gesehen und die Führungskraft nimmt dabei sogar eine väterliche Rolle für ihr Team ein. Wie in einer richtigen Familie stehen die Mitglieder füreinander ein und sind beispielsweise in Notfällen füreinander da. So wird zum Beispiel erwartet, dass bei einem Todesfall in der Familie eines Kollegen oder einer Kollegin Geld für das Begräbnis gespendet wird. Direkte Kündigungen kommen darüber hinaus nur sehr selten vor, denn dadurch würde die betroffene Person das Gesicht verlieren. Stattdessen wird der Mitarbeiter lieber persönlich gebeten, das Unternehmen freiwillig zu verlassen.
Pure Konzentration statt gelangweiltes Multitasking
Nicht zuletzt zeigten sich die Verschiedenheiten zwischen den Kulturen auch in der Aufmerksamkeit der Teilnehmenden in den verschiedenen Vorträgen. Denn im Gegenteil zu Konferenzen in Europa oder in den USA kam es während der Vorträge in keiner Sekunde zu Ablenkungen am Laptop oder am Telefon. Stattdessen war, wie auch Ruben Timmerman von Holacracy bemerkte, die Aufmerksamkeit des Publikums stets voll und ganz auf die Vortragenden gerichtet. Um ja jedes spannende Detail zu dokumentieren, zückten die chinesischen Zuhörenden sofort die Handykameras, wenn eine interessante Folie präsentiert wurde.
Eine spannende Kultur, nicht wahr? Für Interessierte haben wir hier noch ein paar weiterführende Links zusammengetragen:
- https://www.mckinsey.com/featured-insights/asia-pacific/managing-the-chinese-way
- Ming-Jer Chen, Inside Chinese Business, A Guide for Managers Worldwide
- https://hbr.org/2014/09/a-chinese-approach-to-management
- https://www.iedp.com/articles/chinese-leadership-5-critical-differences-with-the-west/
Eine berufliche und persönliche Bereicherung
Die Teilnahme und der Vortrag auf der tcworld bereicherte Eva mit vielfältigen Eindrücken und neuem Wissen über die chinesische Arbeitskultur. Ein anschließender Aufenthalt in einer chinesischen Kung-Fu-Schule rundete das kulturelle Erlebnis ab.
Wenn Sie hautnah an einem Workshop von Eva teilnehmen wollen, ergreifen Sie die nächste Gelegenheit bei der diesjährigen tekom Jahrestagung in Stuttgart, wir freuen uns auf Sie!
Die im Text gewählten personenbezogenen Bezeichnungen sollen sich ausdrücklich auf alle Geschlechter in gleicher Weise beziehen. Soweit im Text die männliche Form gewählt wurde, geschah dies aufgrund der besseren Lesbarkeit. Hintergründe zu unserer Entscheidung finden Sie in unserem Artikel So lebt MEINRAD das Thema Gleichberechtigung und gendergerechte Sprache.