Serendipia. Das ist Andreas Lieblingswort. Es ist spanisch und bezeichnet das Phänomen, etwas Bedeutsames zu entdecken, ohne dass man es darauf anlegt. Bei allem Zufall, der dem Begriff innewohnt, scheint es allerdings ganz und gar nicht zufällig, dass Andrea dieses Wort am liebsten hat. Denn es war auch ein glücklicher Zufall in San Diego, der die ehemalige technische Redakteurin zu MEINRAD brachte.
Dort avancierte sie in kurzer Zeit zur Projektmanagerin und gilt heute als Koryphäe im Bereich für MadCap-Flare-Projekte. Was sie über den technologischen Fortschritt in der Übersetzungsbranche denkt und wieso das Erlernen von Fremdsprachen in ihren Augen auch weiterhin von Bedeutung sein wird, erzählt sie uns im Interview.
Du kommst ursprünglich aus dem Bereich der technischen Redaktion und arbeitest jetzt bei MEINRAD in einer Übersetzungsagentur mit besonderer Expertise bei technischen Texten. Woher kommt dein Interesse für die Technik?
Mein Interesse für die Technik war eigentlich schon sehr früh vorhanden. Schon mit 10 Jahren habe ich im Gymnasium das Fach „Technisches Werken“ gewählt. Das „Textile Werken“ war für mich einfach nicht so interessant. Es hat sich dann aber an der Uni herausgestellt, dass meine Stärken ganz klar im technologischen Bereich liegen. Nach der Schule habe ich in Madrid Übersetzen und Dolmetschen studiert. Dort bekam ich erste Einblicke in diverse CAT-Tools (kurz für: Computer aided translation-Tools). Danach absolvierte ich den Master in Übersetzen mit Schwerpunkt in Übersetzungstechnologien an der Universität Genf. Das Masterstudium hat mir gezeigt, dass es in der Übersetzung auch viele technologische Aspekte gibt, von einfachen HTML-Tags über Filter für verschiedenste Formate bis hin zu den linguistischen Aspekten in Spracherkennungssoftware. Dieses breite Spektrum an Themengebieten hat mir eine ganz neue Welt innerhalb des Übersetzungsbereichs geöffnet, in der ich mich sofort zu Hause gefühlt habe.
Industrie und Technik sind heute immer noch überwiegend männerdominierte Branchen. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Das ist eine sehr interessante und vor allem auch komplexe Frage. Hier spielen sicherlich sehr viele Faktoren mit und es ist meiner Meinung nach nicht möglich, die Ursachen auf ein oder zwei Punkte zu reduzieren. Es fängt bestimmt bei typischen Rollenbildern an, aber zum Glück findet hier schon ein Umdenken statt. Ich habe das Gefühl, dass Mädchen oft nicht oder nur sehr spät mit den technischen Aspekten ihrer Interessensgebiete konfrontiert werden. Wenn es dann um die Auswahl eines Berufs geht, bleibt frau natürlich meist bei dem, was sie schon kennt. Schnuppertage für Mädchen und Frauen in Industrie und Technik sind sicher hilfreich, aber es sollte schon viel früher und in viel mehr Bereichen ein Interesse für Technik geweckt werden. Wenn Kinder schon von klein auf lernen, dass sich Technik in absolut ALLEN Lebensbereichen wiederfindet, kann bestimmt bei allen Geschlechtern mehr Interesse dafür geschaffen werden.
Von der technischen Redakteurin bist du bei MEINRAD zur Projektmanagerin avanciert. Was hat dich zu diesem Schritt motiviert?
Ich wollte eigentlich nach dem Studium in der Übersetzungsbranche bleiben. Zum Job als technische Redakteurin bin ich durch einen glücklichen Zufall gekommen, da die Stelle für technische Übersetzung und Redaktion gedacht war. Ich war dort aber hauptsächlich als technische Redakteurin tätig. Der Wechsel zur Projektmanagerin bei MEINRAD ist mir dann sehr leicht gefallen, da sich hier meine Fähigkeiten als Übersetzerin perfekt mit den Kenntnissen aus der technischen Redaktion vereinbaren lassen.
Im Team giltst du außerdem als Koryphäe für MadCap-Flare-Projekte. Was ist das eigentlich?
MadCap Flare ist ein Content-Authoring-Tool für technische Redaktion. Es bietet technischen Redakteurinnen sehr viele Möglichkeiten und eignet sich bestens für die Erstellung von Handbüchern und Online-Hilfen. Durch die vielen Freiheiten, die dieses Tool ermöglicht, können sehr komplexe Projekte entstehen, die auch viele Herausforderungen für die Übersetzung mitbringen. Ich profitiere heute sehr davon, dass ich als technische Redakteurin Erfahrung in Flare gesammelt habe. Somit verstehe ich auch die Anforderungen unserer Kunden viel besser und kann gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen schneller die kundenspezifischen Herausforderungen erkennen und unsere Kundinnen beraten.
Du sprichst neben Deutsch auch noch Spanisch, Französisch und Englisch. Chapeau! Was war dein Antrieb, gleich drei Fremdsprachen zu lernen?
Das hat sich bei mir einfach so ergeben. In der Schule war ich anfangs nicht sehr gut in Englisch, da ich damals noch nicht erkennen konnte, wieso Sprachen wichtig sind. Ich war schon damals eine Leseratte und habe früh mein erstes englisches Buch gelesen (es war Harry Potter). Diese Erfahrung hat mir wirklich die Augen geöffnet und mir gezeigt, dass Englisch nicht nur in der Schule benötigt wird. Als Teenager hat mich dann auch die Reiselust gepackt und die drei Fremdsprachen haben sich wohl einfach so ergeben, nachdem ich mein Studium im Ausland absolvieren wollte. In den Sprachkursen hat mich dieses persönliche Ziel sehr motiviert und ich habe viel Zeit und Energie in die Sprachen gesteckt.
War da auch das ein oder andere Gläschen Sangria, Merlot oder Gin im Spiel? Man sagt ja, dass das helfen soll, wenn man eine neue Sprache lernen will.
In Spanien auf jeden Fall, aber in Genf war der Alkohol einfach zu teuer. Es stimmt schon, dass ein bisschen Alkohol dabei hilft, ein wenig besser zu reden. Obwohl ich nicht genau weiß, ob das meine Gesprächspartner in Spanien auch so empfanden.
Was ist dein Lieblingswort?
Mir gefällt das spanische Wort „serendipia“ sehr gut. Übersetzt wäre das die „Serendipität“, also eine zufällige Beobachtung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem. Ich bin auch über einen „glücklichen Zufall“ in San Diego zu MEINRAD gekommen, daher passt das Wort sehr gut zu mir.
Was war wichtiger – Sprachtalent oder Disziplin beim Lernen?
Ich denke, dass bei mir beides wichtig war. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass jeder Mensch etwas lernen kann, wenn er es möchte. Sprachtalent ist natürlich von Vorteil, aber es ist absolut kein Muss.
Amerikanisches oder britisches Englisch – was gefällt dir besser?
Mir gefallen alle Varianten, aber besonders schön finde ich eigentlich australisches Englisch, da der Klang für mich sehr viel Lebensfreude vermittelt.
In welcher Sprache fluchst du?
Das hängt davon ab, in welchem Land ich mich befinde bzw. mit wem ich gerade spreche. Da legt sich bei mir ein Schalter um und dann ist das Fluchen in der anderen Sprache ganz natürlich. Ich fluche aber generell sehr wenig.
Hast du schon einmal in einer Fremdsprache geträumt?
Ja, sehr oft. Gewisse Freunde assoziiere ich mit bestimmten Sprachen und wenn diese im Traum vorkommen, rede ich mit ihnen auch in ihrer Sprache.
Man geht davon aus, dass sich Machine Translation Programme in den nächsten Jahren so rasant verbessern werden, dass es nicht mehr nötig sein wird, Fremdsprachen zu lernen. Manche vermuten, es würde in Zukunft zu einem Hobby der Elite werden. Wie siehst du das?
Ich fände das sehr traurig. Eine Fremdsprache ist ja mehr als nur ein paar aneinandergereihte Wörter bzw. Übersetzungen. Sie eröffnet einem auch viel Kultur, die nicht so einfach in einer maschinellen Übersetzung übermittelt werden kann. Ich glaube, in so einem Szenario ginge sehr viel Meta-Information und Persönlichkeit in der Sprache verloren. Für mich wird es ganz klar immer nötig sein, Fremdsprachen zu lernen. Es ist sehr spannend, dass sich Machine Translation so rasant verbessert, aber sie sollte meiner Meinung nach nur als Unterstützung dienen. Um jemanden richtig zu verstehen, ist einfach mehr nötig, als Text von einer in die andere Sprache zu übertragen.
Der Philosoph Jung sagt: „Eine fremde Sprache zu erlernen, macht uns reflektierter in Bezug auf die eigene Sprache und Kultur." Wie denkst du darüber?
Ich stimme ihm auf jeden Fall zu. Ich habe in den Sprachkursen und meinen Auslandsaufenthalten so viel Neues und viele Unterschiede zu meiner eigenen Kultur kennengelernt. Beim Erlernen einer Fremdsprache vergleicht man automatisch alles mit der eigenen Sprache und merkt schnell, dass es gewisse Konzepte im Ausland nicht gibt oder Dinge anders gehandhabt werden. Ich habe auch für mich selbst bemerkt, dass ich nach den Auslandsaufenthalten meine eigene Kultur mehr wertschätzen kann.
Euer Hauptsitz ist zwar in Wolfsberg, aber euer Herz gehört trotzdem den Hunden. Hast du auch einen treuen Wegbegleiter?
Ich habe derzeit einen treuen zweibeinigen Wegbegleiter – meinen Freund Thomas. Als Kind bin ich mit vielen Tieren aufgewachsen und freue mich immer, wenn mich im Elternhaus unser Kater „Simba“ überschwänglich begrüßt. Wir hatten damals auch Pferde, deshalb fahre ich ab und an gerne zu unserem Pferd „Balou“, das meiner Mutter gehört.
Die im Text gewählten personenbezogenen Bezeichnungen sollen sich ausdrücklich auf alle Geschlechter in gleicher Weise beziehen. Soweit im Text die männliche Form gewählt wurde, geschah dies aufgrund der besseren Lesbarkeit. Hintergründe zu unserer Entscheidung finden Sie in unserem Artikel So lebt MEINRAD das Thema Gleichberechtigung und gendergerechte Sprache.