Zur Weihnachtszeit steht ein weißbärtiger, alter, zuweilen etwas dicklicher, rotgewandeter Mann im Mittelpunkt des Interesses: der Weihnachtsmann. So zumindest stellen wir ihn uns vor (eventuell ein ganz kleines bisschen beeinflusst von der Werbung eines bekannten Herstellers von koffeinhaltiger Limonade). Doch der Geschenkebringer kommt rund um den Globus mit unterschiedlichem Aussehen daher. Und er trägt auch viele verschiedene Namen.
Den Weihnachtsmann zu übersetzen, ist also gar nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Je nach kulturellen Gepflogenheiten, Sprache und Land kann die Figur, deren Zuständigkeit sich vor allem auf das Verteilen von Geschenken erstreckt, in Name, Mythos und Aussehen sehr unterschiedlich sein. Lassen Sie sich von uns auf eine kleine weihnachtliche Weltreise entführen und verzaubern!
Unser liebes Christkind
Schon allein in Österreich stößt der Weihnachtsmann mitunter auf wenig Gegenliebe (Kinder einmal ausgenommen), schließlich ist es hierzulande doch ein blondgelocktes engelgleiches Wesen, welches am Abend des 24. Dezembers, still und leise die Geschenke bringt: das Christkind – eine Rebellenidee aus der Zeit um 1535. Es entstammt der Feder des großen Martin Luther. Zur Zeit der Reformation wurden die Heiligen nämlich „entmachtet“. Das betraf auch den Heiligen Nikolaus, der bis dahin als alleiniger Gabenbringer galt. Da Luther jedoch nicht ganz auf das Brauchtum des Schenkens verzichten wollte, suchte er nach einem Ausweg aus diesem Dilemma – und voilà, der Heilige Christ wurde eingeführt. Daraus entwickelte sich schließlich über die Jahre hinweg das Christkind, wie wir es heute kennen und lieben. Nach Österreich ist es übrigens erst im 19. Jahrhundert aus Deutschland migriert und erhielt hier – dem Himmel sei’s gedankt – uneingeschränktes Bleiberecht.
Der amerikanische Santa Claus
In den letzten Jahren hat das Christkind verstärkt Konkurrenz vom Weihnachtsmann bekommen. Diese Tradition schlich sich aus den USA ein. Santa Claus wird der Weihnachtsmann dort genannt. Der freundliche alte Mann mit langem weißem Rauschebart, rotem Gewand und weißem Pelz düst mit einer mit Geschenkesäcken vollbepackten Kutsche, die von acht Rentieren gezogen wird, durch die Nacht und verteilt die Geschenke in den Häusern rund um den Weihnachtsbaum. Magischerweise rutscht er durch den Schornstein, stärkt sich mit Keksen und Milch, welche die Kinder für ihn bereitstellen und lässt seine Gaben dort. Gefeiert wird dann am Morgen des 25. Dezembers – bevorzugterweise im Pyjama.
Die italienische Dreikönigshexe Befana
In „Bella Italia“ gibt es neben dem Weihnachtsmann (hier besser bekannt unter dem Namen „Babbo Natale“) und der Bescherung am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages (25.12.) auch noch die Dreikönigshexe Befana. Und die ist gar nicht „bella“, sondern eher hässlich. Aber das macht gar nichts, Hauptsache, sie bringt am 6. Januar die Geschenke. Um nicht leer auszugehen, hängen die italienischen Kinder in der Nacht zuvor Strümpfe an den Kamin oder stellen ihre Schuhe bereit, damit Befana diese mit Süßigkeiten und Geschenken befüllen kann.
Der niederländische Sinterklaas mit dem Zwarten Pieten
In den Niederlanden ist der wichtigste Weihnachtstag der Nikolaustag (6. Dezember), an dem Sinterklaas – von den Niederländern liebevoll „Sint“ genannt – mit seinen Gehilfen, den Zwarten Pieten („Schwarze Peter“), den Kindern die Geschenke bringt. Am Heiligen Abend selbst gibt es dann nur noch kleine Präsente. Vom Aussehen ähnelt Sinterklaas mit Bischofsmütze, einem gekrümmten Bischofsstab und rotem Mantel dem Heiligen Nikolaus. Und Sinterklaas kommt nicht mit dem Schlitten vom Nordpol, sondern lebt abseits der Weihnachtszeit in Spanien (den Grund dafür weiß niemand, vielleicht sonnt er sich einfach gerne an der Costa). Jedes Jahr reist er Mitte November per Dampfschiff nach Amsterdam, wo es eine große Feier gibt. In der Nacht auf den 6. Dezember – so will es die Tradition – reitet Sinterklaas dann auf seinem Schimmel über die Häuserdächer und verteilt Päckchen und Süßigkeiten.
Der finnische Joulupukki
Auf Finnisch heißt der bärtige Geschenkebote Joulupukki. Vor allem die Finnen behaupten gerne, er sei der einzig echte Weihnachtsmann. Er wohnt auf dem Berg Korvatunturi in Lappland und hat sogar eine Frau – Joulumuori – und viele, viele Wichtel, die das ganze Jahr über mit der Geschenkeherstellung beschäftigt sind. Qualitativ hochwertige Handarbeit braucht schließlich ihre Zeit! Wie sein amerikanischer Kollege verteilt der Joulupukki die Geschenke dann höchstpersönlich, und zwar am Heiligen Abend.
Die isländischen Trolle
Aus dem schneebedeckten Esja-Gebrige, da kommen die Jólasveinar in Island her. Das sind 13 Weihnachtszwerge oder -trolle, allesamt Söhne der scheußlichen jahrhundertealten Trollfrau Grýla. Vom 12. bis zum 24. Dezember erhalten sie „Ausgang“ und dann kommt jeden Tag einer dieser Gesellen anmarschiert, selbstverständlich mit kleinen Geschenken für die braven Kinder im Gepäck. Ab dem 25. Dezember entschwinden die Brüder mit den seltsamen Namen wie „Schafdreck“ oder „Türtreter“ nach getaner Arbeit wieder in gleicher Reihenfolge in ihre Höhlen.
Der griechische Agios Vassilis
Die Griechen machten sich lange Zeit nichts aus dem Weihnachtsmann. Doch irgendwann Mitte des 20. Jahrhunderts haben sie kurzerhand Agios Vassilis (Heiliger Basilius) zum Geschenkebringer erkoren. Er ist einer der Hauptheiligen der griechisch-orthodoxen Kirche und zudem Schutzpatron der Kinder. An seinem Namenstag, dem 1. Januar, erhalten die jungen Griechen ihre Weihnachtsgeschenke.
Das russische Väterchen Frost mit Enkelin
Im kalten Russland kommt passenderweise Väterchen Frost, eine ursprünglich russische Märchenfigur, und beschenkt in der Neujahrsnacht die Kinder. Dabei wird er von seiner Enkelin Snjegurotschka (Schneemädchen oder Schneeflöckchen) begleitet. Väterchen Frost trägt einen langen, dicken weißen Bart und führt ein magisches Zepter, dessen Spitze alles, was sie berührt, gefrieren lässt. Er wohnt tief in der Taiga, ist sehr naturverbunden, fährt mit einem von drei Schimmeln oder Rentieren gezogenen Schlitten –die Troika – und trägt einen eisgrauen Pelzmantel.
Auch in der Mongolei gibt es ein Väterchen Frost, hier unter dem Namen Uvlin Uvgun bekannt. Begleitet wird diese Figur, die mit Peitsche und Fuchsschwanzkappe in Erscheinung tritt, von zwei Helfern: Schneemädchen und Neujahrsjunge. Die Mongolen feiern insbesondere das neue Jahr und das Fest der Hirten – es werden Wettkämpfe veranstaltet, bei denen sich junge Männer im Pferdereiten, Bogenschießen und Ringen beweisen können. Die schnellsten und stärksten von ihnen erhalten dann Geschenke.
Der baskische Olentzero
Im Baskenland wartet niemand auf den 24. Dezember, denn die Feierlichkeiten beginnen hier schon drei Tage zuvor. Was eigentlich gefeiert wird? Die Wintersonnenwende! Kinder bereiten dazu Briefe mit ihren Geschenkewünschen vor. Txoronpio und Txoronpia, zwei mythologische Gestalten, sammeln die Briefe dann für den Olentzero ein. Diese, meist als Köhler dargestellte Figur ist es, die zur Wintersonnenwende aus den Bergen herabsteigt und am 24. Dezember (je nach Region aber auch später) die Geschenke verteilt. Für die Mehrzahl der jungen Spanier bringen jedoch die Heiligen Drei Könige am 6. Januar die begehrten Gaben und die ganz schlauen baskischen Kinder lassen sich zu beiden Anlässen beschenken.
Der „kackende“ katalanische Baumstamm
Besonders kurios geht es in Katalonien zu. Hier sorgt der Tió de Nadal für die Geschenke, genauer gesagt stammen sie aus seinem Darm. Beim „Tió“ handelt es sich um einen „Holzklotz“, einen mit zwei Beinen und einem Gesicht geschmückten Baumstamm. In der Vorweihnachtszeit „füttern“ ihn die Kinder mit Obst und Brot und decken ihn mit einer Decke zu. Die Tradition will es, dass der „Tió“ dann am Heiligen Abend die Geschenke „kackt“. Die Kinder dürfen sie unter der Decke herausholen.
Wie Sie sehen, ist es gar nicht so einfach, den Weihnachtsmann zu übersetzen. Von wem auch immer Sie Ihre Geschenke erhalten, wir wünschen Ihnen jedenfalls eine frohe Weihnachtszeit und viel Spaß beim Auspacken!
Gemeinschaftlich mit Herz und Freude geschrieben von:
Christine Rainer, MA
Sulamit Burmeister, BA
Mag. Christine Ladinig
Ing. Patrick Mostögl
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Die im Text gewählten personenbezogenen Bezeichnungen sollen sich ausdrücklich auf alle Geschlechter in gleicher Weise beziehen. Soweit im Text die männliche Form gewählt wurde, geschah dies aufgrund der besseren Lesbarkeit. Hintergründe zu unserer Entscheidung finden Sie in unserem Artikel So lebt MEINRAD das Thema Gleichberechtigung und gendergerechte Sprache.