Kostenlose Machine-Translation-Anbieter – (k)eine gute Idee? Ein zu sorgenfreier Umgang mit kostenlosen Machine-Translation-Diensten kann weitreichende Folgen haben: Vertrauliche Informationen können in Umlauf geraten und auch für kriminelle Machenschaften missbraucht werden. MEINRAD zeigt drei potenzielle Risiken auf, denen man sich bewusst sein sollte und gibt Tipps für die sichere Verwendung von Google Translate, DeepL und Co.
Machine-Translation-Anbieter gibt es mittlerweile viele. Und es ist ja auch sehr verlockend, mal eben schnell das E-Mail des Kollegen aus Australien oder die Rückmeldung eines Geschäftspartners aus Russland in Google Translate zu kopieren und binnen Sekunden den Inhalt zu kennen. Und wozu eine Anleitung extern übersetzen lassen – mithilfe von DeepL und Co bekommt man es ins Englische auch alleine hin. Es könnte so herrlich einfach sein, wenn da nicht ein Haken wäre, nämlich die Sache mit den leider meist unbedachten Risiken.
Heikle Informationen für jedermann zugänglich
Kaum jemand denkt Übles, wenn er seine paar Sätze in den Machine-Translation-Dienst wirft. Sollte er aber! Niemand käme vermutlich auf die Idee, ein geschäftliches E-Mail, ein Informationsschreiben oder einen Vertragsausschnitt auszudrucken und außerhalb der Firma zu verteilen. Aber mittels Machine Translation werden sorglos teils heikle Informationen „in die Welt hinaus posaunt“. So in etwa ist es nämlich, wenn man kostenlose Machine-Translation-Dienste nutzt. Besonders dreier – teilweise durch Nutzungsbedingungen gedeckte – Risiken sollte man sich bewusst sein.
Risiko 1 - Spionage
Achtung: Jemand anders könnte mitlesen!
In einem Bericht des Australian Strategic Policy Institute (ASPI) wird aufgezeigt, wie China staatseigene Unternehmen und staatseigene Anteile an Unternehmen dazu nutzt, Daten über User außerhalb von China zu sammeln. Die Autorin des ASPI-Berichts verweist insbesondere auf den Neural-Machine-Translation-Anbieter GTCOM, der wirtschaftlich eng mit der Zentralen Propagandaabteilung verbunden ist. Daher empfiehlt es sich, bei der Auswahl eines Machine-Translation-Anbieters die Eigentümerschaft des Unternehmens unter die Lupe zu nehmen, um potenzielle Interessenskonflikte früh zu erkennen.
Risiko 2 – Data Leak des Anbieters
Achtung: Alle Internetuser könnten mitlesen!
Durch einen Zufall entdeckten Mitarbeitende eines norwegischen Öl- und Gaskonzerns im Jahr 2017, dass über einfache Google-Suchen hochsensible Informationen ihres Unternehmens auffindbar waren. Die Ursache dieses Super-Gaues für das Unternehmen war der zu sorglose Umgang zahlreicher Mitarbeiter mit dem kostenlosen Tool Translate.com. Viele dieser Übersetzungsanfragen wurden von Google indexiert, und schienen dadurch in der Folge bei Google-Suchen als Ergebnis auf. Unter diesen nun weltweit öffentlich zugänglichen Texten befanden sich unter anderem Passwörter, Verträge, Namen, Adressen, Kündigungsschreiben, Personalreduktionspläne, und vieles mehr. Dies passierte völlig rechtens. In den Nutzungsbedingungen stand nämlich, dass Translate.com nicht garantierte, dass übertragene Informationen nicht öffentlich zugänglich gemacht werden könnten, und dass alle an Translate.com übertragenen Texte zur Weiterentwicklung der Dienstleistung verwendet werden.
Und Vorsicht: Daran hat sich übrigens bis heute nichts geändert.
Risiko 3: Hackerangriffe
Achtung: Kriminelle können mitlesen!
Sobald bei Google Translate, DeepL oder ähnlichen frei zugänglichen MT-Tools eine Texteingabe stattfindet, wird der eingegebene Text in der URL abgebildet, inklusive der ausgewählten Sprachkombination. Die aufgerufenen URLs sind anschließend im Browserverlauf ersichtlich.
Dieser Umstand beschert Hackern ein leichtes Spiel, wenn sie es auf ein Unternehmen abgesehen haben. Sie können auf diese Weise sofort Glück haben und Zugangsdaten erlangen, oder sie erhalten vertrauliche Informationen, die ihnen beim Social Engineering (Ausspionieren des Umfelds des Opfers) weiterhelfen.
Sichere Verwendung von kostenlosen Machine-Translation-Tools
Kann man in Anbetracht dieser Risiken dann überhaupt noch kostenlose MT-Tools relativ sicher nutzen? Ja, kann man, wenn man einige Punkte berücksichtigt.
Zum einen ist das die Textart bzw. die geplante Verwendung. Alle Texte, die für die frei zugängliche Veröffentlichung im Internet gedacht sind, können ohne Bedenken mithilfe von kostenlosen Machine-Translation-Diensten übersetzt werden. Zum anderen sollten in Hinblick auf das Risiko der Deanonymisierung von Browser-Daten nur solche Informationen übertragen werden, deren Inhalte keine Rückschlüsse auf vertrauliche Informationen ermöglichen.
Tipps zur sicheren Verwendung von kostenfreien MT-Tools | |
Sätze ohne rückverfolgbare Wörter | Sätze mit rückverfolgbaren Wörtern |
Einzelne Wörter | Ganze Dokumente |
Texte, die frei zugänglich im Internet veröffentlicht werden sollen | Texte mit vertraulichen Informationen |
Anonymisierte/pseudonymisierte Texte ohne vertrauliche Informationen | Texte mit personenbezogenen Daten |
Durch strenge Richtlinien, Schulungen und regelmäßige Aufklärung können unternehmensinterne Mitarbeiter kostenlose Machine-Translation-Tools also relativ sicher nutzen. Allerdings spricht eine Kosten-Nutzen-Rechnung stark gegen die Nutzung von kostenlosen Anbietern maschineller Übersetzung, und eindeutig für eine unternehmensweite Sperrung dieser Tools durch die IT-Abteilung. Eine preiswerte und sichere Alternative (durch kostenpflichtige, sichere MT-Software im Hintergrund) stellt etwa ein MT-Self-Service-Portal von Übersetzungsbüros dar.
Mehr Tipps zum Thema MT und Datensicherheit gefällig? In unserem E-Book haben wir unter anderem die beliebtesten MT-Anbieter auf ihre Vor- und Nachteile überprüft.
Titelbild: © MEINRAD