Herzenssachen

Vom Übersetzer­studium in die Übersetzungs­agentur – Gedanken einer Berufs­einsteigerin

ÜbersetzerstudiumUm eingangs gleich mal ein bisschen zu spoilern: Das Übersetzer­studium bereitet dich nicht auf den Alltag im Übersetzungs­büro vor. So gar nicht.

Man darf sich das etwa so vorstellen, als ob man auf eine lange Radtour gehen will und THEORETISCH schon einmal gehört hat, dass es GPS gibt, womit man navigieren könnte, vielleicht wurde irgendwann ERWÄHNT, dass eine Radlerhose mit ihrer speziellen Polsterung Verletzungen vorbeugt…

Ich denke, es wird klar, worauf ich hinaus will: Im Studium haben wir schon GEHÖRT, dass es diese Wunderwerkzeuge CAT-Tools wie zum Beispiel memoQ gibt, ein, zwei oder fünf Lehrveranstaltungen mit vielversprechenden Namen und 97 % theoretischen Inhalten über derlei praktische Dinge, ohne die ein Überleben in der Wildnis nicht möglich ist, besucht, und ja, was haben wir sonst in den letzten 10 Semestern gelernt? Wir analysieren und wir übersetzen, bei Prüfungen wird da oft noch mit der Hand geschrieben/analog gearbeitet. (Man könnte ja mit Datenbanken, Paralleltexten oder Wörterbüchern arbeiten… Aber es soll ja nicht zu praxisnah werden!)

Was haben Übersetzungsagenturen also davon, uns unbedarfte Übersetzungsabsolventen einzustellen?

Nun, nachdem wir 5 lange und harte Studienjahre nur Theoretisches lernen durften, brennen wir darauf, uns in der echten Welt zu beweisen – und alles, was dafür notwendig ist, zu erlernen.

Welchen Rat kann ich also den Übersetzungsstudenten geben, denen diese Erkenntnisse noch bevorstehen? 

  1. Beharrlich („lästig“ auf gut Deutsch) darum bitten, dass jene Vortragende, die nebenbei noch als Übersetzer arbeiten (und das sind einige), praxisnaher in den Kursen arbeiten.

    In meinem Glauben an das Gute in den Menschen bin ich auch der Überzeugung, dass genügend Lehrende existieren, die sich nicht nur mit Übersetzungsprogrammen auskennen, sondern auch bereit wären, mit diesen zumindest ein bisschen zu arbeiten – damit nicht alle neuen Praktikanten dieselben großen Augen wie ich machen müssen, wenn sich ihnen die (zugegebenermaßen durchaus komplexe und umfangreiche) Welt von memoQ eröffnet.

  2. Auch wenn man zum gefühlten 362. Mal hört, dass die Berufsaussichten schlecht sind und man eigentlich eh nichts kann: Nicht unterkriegen lassen und ruhig auf Durchzug schalten. Gott sei Dank wird das Fell mit den Studienjahren ein wenig dicker.

    In unserem Master-Lehrplan gibt es eine Vorlesung, die auf das Überleben im Berufsdschungel nach der Uni vorbereiten soll. Neben einiger witziger Anekdoten aus dem Berufsleben der Vortragenden (erste Dolmetschaufträge bei Ausflügen in Schweine-Besamungsanlagen beispielsweise) und der klassischen Warnungen, wie schwer der Berufsstart wird, bietet die Lehrveranstaltung tatsächlich auch nützliche Infos.

  3. Einen Praktikumsplatz zu finden, ist wirklich nicht einfach. Aber auch hier gilt: Nicht aufgeben, flexibel sein und vielleicht um ein paar Ecken denken – an der nächsten bietet sich möglicherweise schon eine brauchbare Möglichkeit.

  4. Und eine gesunde Portion Sarkasmus gewürzt mit Ironie eignet sich hervorragend zum Frustabbau – egal ob der vom Studium kommt oder weil ein Alignment-Dokument sich zum unendlichen Puzzle auswächst. Übrigens hat auch memoQ hier Humor – es gibt eine „Go Zen“-Funktion, die dir Meditationsmusik vorspielt. Und wenn auch das nichts hilft, auch noch einen „Do Not Press This“-Button, der immerhin kurze Genugtuung verschafft.

 

Die im Text gewählten personenbezogenen Bezeichnungen sollen sich ausdrücklich auf alle Geschlechter in gleicher Weise beziehen. Soweit im Text die männliche Form gewählt wurde, geschah dies aufgrund der besseren Lesbarkeit. Hintergründe zu unserer Entscheidung finden Sie in unserem Artikel So lebt MEINRAD das Thema Gleichberechtigung und gendergerechte Sprache.

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