Es ist kein ungewöhnliches Problem im Dienstleistungsbereich: Man weiß als Kundin im Vorhinein meist nicht, was man im Nachhinein fürs Geld bekommt. In der Übersetzungsbranche ist das nicht anders. Hinzu kommt erschwerend, dass die Basis für die Angebotslegung vielfältig ausgelegt werden kann. Mit der Ergebnisübermittlung kommt oft die Überraschung. Und in jedem Fall auch eine Rechnung. Damit Sie Kostenvoranschläge von Übersetzungsleistungen bewerten und vergleichen können, um besagten Überraschungsmoment zu vermeiden, gilt es folgende Punkte zu klären:
Maßgeblich für die Vergleichbarkeit von Angeboten ist die Basis, auf der Kosten berechnet werden. Im deutschsprachigen Raum war bis vor kurzem die Verrechnung nach Normzeilen das gängigste Maß. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Länge der Normzeile unterschiedlich definiert werden kann. In Österreich ist sie standardmäßig mit 55 Zeichen inklusive Leerzeichen veranschlagt. Manche Übersetzungsagenturen – vor allem in Deutschland – rechnen aber auch mit 53, 50 oder 48 Anschlägen. Der internationale Trend bewegt sich jedoch immer mehr dahin, Kosten auf Basis der Wortanzahl zu veranschlagen. Das Problem: es lässt sich keine direkte Relation zwischen wort- und normzeilenbasierter Berechnung herstellen. Dazu kommt, dass unterschiedliche CAT-Systeme unterschiedliche Analyseergebnisse liefern, weil sie die Wörter unterschiedlich definieren, und unterschiedliche Dienstleister unterschiedliche „CAT-Grids” verwenden, also die durch Translation Memory-Systeme erzielbaren Einsparungen in unterschiedlicher Weise an die Kunden weitergeben.
Aufgrund einer standardmäßigen Angebotslegung weniger einfach zu beurteilen, aber keinesfalls unbedeutender ist die Arbeitsweise beim Übersetzen – besonders hinsichtlich folgender Faktoren:
Mit der Übersetzung allein ist es in den meisten Fällen nicht getan. Genau genommen ist das bestenfalls die halbe Miete. Die andere Hälfte betrifft Prozessorganisation und Strukturen rund um die Sprachdienstleistung. Ineffizienzen in diesem Bereich können Sie ebenso teuer zu stehen kommen wie eine inhaltlich mangelhafte Übersetzungsleistung. Darum sollten Sie sich vor Beauftragung jedenfalls folgende Fragen stellen:
Die Zertifizierung nach ISO 17100 stellt sicher, dass ausschließlich qualifizierte Übersetzer und Revisorinnen eingesetzt werden. Das ist zwar leider keine endgültige Qualitätsgarantie, aber dennoch ein guter Anhaltspunkt auf der Suche nach professionellen Sprachdienstleistern.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Auch bei vergleichbarer Verrechnungsbasis ist das billigste Angebot nicht notwendigerweise das beste. Kosten, die man sich im Vorhinein spart, holen einen oft im Nachhinein in Form von Qualitätsmängeln, Prozessineffizienzen oder Formatadaptionen wieder ein. Verschaffen Sie sich deshalb vor Angebotszuschlag Klarheit darüber, welche spezifischen Leistungen für Ihr Projekt nötig sind und inwiefern diese von Ihrem Übersetzungspartner abgedeckt werden können. Und treffen Sie niemals eine Entscheidung nur auf Basis eines schriftlichen Angebots, sondern vereinbaren Sie immer ein persönliches Gespräch. So können Sie die besagte Katze zumindest ein Stück weit aus dem Sack holen.
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Die im Text gewählten personenbezogenen Bezeichnungen sollen sich ausdrücklich auf alle Geschlechter in gleicher Weise beziehen. Soweit im Text die männliche Form gewählt wurde, geschah dies aufgrund der besseren Lesbarkeit. Hintergründe zu unserer Entscheidung finden Sie in unserem Artikel So lebt MEINRAD das Thema Gleichberechtigung und gendergerechte Sprache.