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Saubere Terminologie ist kein Hexenwerk

Geschrieben von Meinrad Reiterer | 19. Mai 2022

Jeder Technische Redakteur weiß um die Wichtigkeit von Terminologie. Weil die Ressourcen oft knapp sind, nimmt man das Projekt meist gar nicht in Angriff. Dabei ist eine ordentliche Terminologie, die die Grundlage für konsistente und qualitativ hochwertige Übersetzungen ist, keine unlösbare Mammutaufgabe. Oberstes Gebot: Sauberkeit und adäquate Einträge.

Dass eine saubere Terminologie das A und O für eine einheitliche Kommunikation, intern wie extern, ist, ist den meisten bewusst. Dennoch fristet Terminologie in vielen Unternehmen ein Schattendasein. Falls Listen existieren, sind sie meist veraltet, mit unzähligen doppelten und unbrauchbaren Einträgen. Eine solche Liste stellt sowohl für die tägliche Arbeit im Unternehmen als auch für die Arbeit eines Übersetzungsbüros nur einen geringen praktischen Nutzen dar. Das muss nicht sein! Der Aufbau einer sauberen und damit für die Praxis hilfreichen Terminologie ist kein großes Hexenwerk, wenn ein paar grundlegende Dinge beherzigt werden.

Eine Terminologiedatenbank aufbauen

Egal, ob der primäre Zweck ein internes Glossar ist oder den Übersetzern fremdsprachige Terminologie zur Verfügung gestellt werden soll – Excel-Listen sind für diesen Zweck zwar nicht unbedingt ideal, aber weit verbreitet. (Wie die Online-Terminologiearbeit leichter geht, wird hier erklärt.) Sie können natürlich verwendet werden. Wenn sie aber später an ein Übersetzungsbüro übermittelt werden sollen, gilt es, ein paar Regeln zu beachten, damit sie brauchbar sind und effizient eingesetzt werden können.

1. Endungen und Beugungen eintragen

Hier ist es ratsam, sich bei seinem Übersetzungsbüro zu erkundigen, wie die Excel-Liste für die weitere Verwendung aufbereitet werden soll. Je nach verwendetem CAT-Tool kann es Unterschiede geben.

Exemplarisch sei hier memoQ erwähnt: In memoQ müssen Beugungen und Wortstämme markiert werden. Das passiert mithilfe des Sternchens (*) und des senkrechten Strichs/„Pipe Symbol“ (|).

Das Sternchen wird vor allem bei zusammengesetzten Wörtern verwendet. Nach dem Sternchen kann es beliebig weiter gehen, etwa bei „Haus*“. Der Eintrag würde dem Übersetzer dann angezeigt werden, wenn im zu übersetzenden Satz „Hausverwaltung“ vorkommt. Der Trennstrich | kennzeichnet einen unveränderlichen Wortteil. Lautet der Eintrag beispielsweise „geschützt|er Bereich*“, würde er vom System angezeigt, wenn im Fließtext „geschütztem Bereichswesen“ vorkommt.

2. Groß und Kleinschreibung beachten

Begriffe sollten so eingetragen werden, wie sie im Fließtext vorkommen. Das heißt beispielsweise für Englisch: Hier werden Terme prinzipiell klein geschrieben.

3. Eindeutig sein, keine Synonyme verwenden

Der Sinn und Zweck einer Termdatenbank geht verloren, wenn für ein und dasselbe Bauteil mehrere Bezeichnungen existieren. Das sorgt für Unklarheiten beim Übersetzer und fördert unerwünschte inkonsistente Übersetzungen. Besonders wichtig ist dieser Punkt auch, wenn Machine Translation zum Einsatz kommen soll. Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten in der Terminologie führen auch zu Chaos in der maschinellen Übersetzung.

4. Verbotene Begriffe korrekt ausweisen 

Sind gewisse Bezeichnungen unerwünscht, können und sollen diese als verboten ausgewiesen werden. Das ist aber nur dann sinnvoll, wenn es nicht gegenteilige Einträge gibt, die den Begriff wieder erlauben.

5. Pro Zelle nur einen Begriff/eine Information eintragen

Damit das Übersetzungsbüro Ihre Excel-Liste ohne große Mühe aufbereiten und verwenden kann, ist neben der korrekten Eintragung der Wörter auch die Struktur der Excel-Liste entscheidend. Hier gilt die Grundregel: Nur eine Information pro Spalte. Sie können also beispielsweise in Spalte A den erwünschten deutschen Begriff, in Spalte B verbotene deutsche Begriffe, in Spalte C Definitionen und in Spalte D englische erlaubte Begriffe eintragen.

Problem von unsauberer Terminologie

Und wozu die ganze Mühe? Schlecht eingetragene Terme können dazu führen, dass sie beim Übersetzer an der Stelle, wo sie angezeigt werden sollten, gar nicht aufscheinen – weil der Computer, also das CAT-Tool, das Wort nicht erkennt. Weiters sind sie problematisch bei der nach der Übersetzung durchgeführten computergestützten Qualitätskontrolle. Hier kann es zu endlosen falschen Fehlermeldungen kommen. Bei umfangreichen technischen Dokumentationen kann es Stunden dauern, bis alle Meldungen überprüft werden – das stellt einen Zusatzaufwand dar.

Saubere Terminologie für Machine Translation

Noch ein Wort zu Terminologie und Machine Translation: Nicht alle Machine-Translation-Tools beziehen Terminologiedatenbanken mit ein bzw. kann es sein, dass dafür auch extra (aufbereitete) Glossare nötig sind. In jedem Fall ist es aber wichtig, eine saubere Datenbank zu haben, damit die Übersetzer während des anschließenden Post-Editings alle relevanten Vorschläge angezeigt bekommen und Terminologiefehler der Machine-Translation-Engine ausbessern können.

Terminologiedatenbank erweitern

Neben neuen Termen, die mit jedem neuen Produkt und jedem Text hinzukommen, kann eine Termdatenbank auch mit Definitionen und sonstigen zusätzlichen Informationen befüllt und so erweitert werden. Das erleichtert die Arbeit der Übersetzer enorm – kann aber auch die interne Kommunikation verbessern. Denn nicht jeder Mitarbeiter kann jedes (Bau)Teil genau kennen.

Terminologiedatenbank pflegen

Um eine Termdatenbank langfristig sauber zu halten, ist laufende Wartung nötig. Ist erst einmal eine saubere Datenbank erstellt, ist es aber ein Leichtes, diese am aktuellen Stand zu haben. Terminologie lebt – denken Sie bei sich ändernder Terminologie daran, diese nicht nur intern nachzuziehen, sondern dies auch dem Übersetzungsbüro mitzuteilen. Falls Sie selbst aktiv im Terminologiemanagement-System des Übersetzungsbüros eingebunden sind, können Sie diese Änderungen natürlich auch ganz unkompliziert selbst vornehmen. 

 

 

 

Titelbild: © Adobe Stock