ISO-Zertifizierungen sind ein starker Indikator für eines: hohe Qualitätsstandards. Ist ein Übersetzungsbüro jedoch nach einer so umfangreichen Medizinprodukte-Zertifizierung wie der ISO 13485 zertifiziert, so zeugt das von einem weiteren Faktor: Fokus! Wie genau der Qualitätsmanagement-Alltag in einem Übersetzungsbüro mit ISO 13485-Zertifizierung aussieht, erzählt Andrea Gutwein im Interview.
Ganz banal gesagt: Ich bin eine i-Tüpfelchen-Reiterin und das passt sehr gut zum Qualitätsmanagement. Zudem habe ich auch in Madrid Dolmetschen und Übersetzen studiert und im Anschluss einen Master in Übersetzen in Genf absolviert. Im Gesamtbild passt das also sehr gut zum Job der Qualitätsmanagerin – das natürliche Interesse ist gegeben und den Hintergrund als Übersetzerin und Technische Redakteurin bringe ich auch mit. Alles Qualitätsmanagement-spezifische eigne ich mir sozusagen „on-the-go“ an – je nachdem, was bei MEINRAD gerade gebraucht wird.
Als etwas „ganz Normales“ würde ich es nicht bezeichnen. Denn es ist ja kein Muss, dass ein Übersetzungsbüro nach der ISO 13485 zertifiziert ist. Wir könnten genauso Kunden aus dem Bereich Medizintechnik betreuen, auch wenn wir keine ISO 13485“-Zertifizierung hätten. Es ist schon eher die Ausnahme, dass sich ein Übersetzungsbüro danach zertifizieren lässt.
Eine Bedienungsanleitung wird als Teil des Produktes angesehen. Ist die Bedienungsanleitung fehlerhaft, ist also das ganze Medizinprodukt fehlerhaft. Auch wenn in der ISO 13485 Übersetzungen per se nicht erwähnt werden, sind sie trotzdem Teil des Produktes und somit werden sie von der ISO 13485 eingeschlossen.
Zudem ist eine Zertifizierung nach ISO 13485 für ein Übersetzungsbüro auch Einstellungssache. Es zeigt, dass MEINRAD einen starken Fokus auf die Medizin(technik)-Branche setzt und wie sehr wir uns mit den Anforderungen beschäftigen. Qualität steht bei uns an oberster Stelle. Jeder Mitarbeiter dokumentiert, jeder weiß, wo relevante Informationen auffindbar sind, jeder wird auditiert. Qualitätsmanagement ist also nichts, was so nebenbei mitläuft. Als Qualitätsmanagerin freue ich mich besonders, dass das Qualitätsbewusstsein sich in den Werten des Unternehmens widerspiegelt und von allen Mitarbeitern ganz bewusst und mit großer Überzeugung gelebt wird.
Eine Zertifizierung ist immer ein Beweis dafür, dass Qualität oberste Priorität hat. Bei MEINRAD hatte Qualität schon immer einen großen Stellenwert – egal ob mit oder ohne Zertifizierung – sodass sich unsere CEO Eva Reiterer dachte: „Naja, wenn wir ohnehin nach so hohen Standards arbeiten, wieso dann nicht gleich auch den offiziellen Beweis durch eine Zertifizierungsstelle holen?“. Und so kam es zur Entscheidung, MEINRAD nach der ISO 13485 zertifizieren zu lassen.
[Lacht] Nein, absolut nicht! Der Erstaufwand ist riesig. Das war er auch für uns, obwohl wir ohnehin bereits nach so hohen Qualitätsstandards (unter anderem ISO 17100) gearbeitet haben. Zu Beginn des Zertifizierungsprozesses muss ein immens umfangreiches Handbuch erstellt werden, in dem alle Prozesse, Formblätter, Verfahrensanweisungen, Validierungen und so weiter schriftlich aufbereitet werden. Wir hatten natürlich schon ein QM-Handbuch für die ISO 9001 und 17100, allerdings wurde dies zu einem sehr umfangreichen QM-System erweitert, das eine viel bessere Zusammenarbeit mit den verschiedenen Bereichen ermöglicht. Die ISO 13485 ist eine der aufwendigsten Zertifizierungen und jeder Qualitätsmanager weiß, was hinter so einer Zertifizierung steckt. Zudem ist es ja nicht mit dem einmaligen Aufwand getan. Es finden regelmäßig interne und externe Audits statt und das QM-System muss immer auf dem aktuellsten Stand bleiben. Außerdem setzen wir vierteljährliche Qualitätsziele in allen Bereichen, um unsere Prozesse weiter zu optimieren. Wenn man sich also einmal für eine ISO 13485-konforme Arbeitsweise entschieden hat, ist das Thema Qualitätsmanagement ein täglicher Begleiter – und zwar in jeder Abteilung.
Grundlegend sind das ja zwei verschiedene Dinge: das eine ist eine Medizinprodukte-Verordnung (EU) und das andere eine ISO-Zertifizierung. Sieht man aber genauer hin, haben beide dasselbe Ziel: hohe Qualität und umfangreiche Sicherheit für Verwender von Medizinprodukten.
Die FDA ist eine Bundesbehörde des United States Department of Health and Human Services. Sie kontrolliert die Sicherheit und Wirksamkeit aller Medikamente in der Human- und Veterinärmedizin. Das Hauptziel ist es, die Sicherheit und Wirksamkeit von Medizinprodukten zu wahren. Wiederum geht es also um hohe Qualität. Das Hauptziel der MDR ist es, den freien Handel und den Verkehr mit Medizinprodukten innerhalb der EU zu ermöglichen und dabei den Fokus auf Produktsicherheit und Qualität zu legen. Vereinfacht kann man sagen: Legt man hohen Wert auf Qualität und ist bereit, Zeit und Geld darin zu investieren, so stellen FDA-Zulassung, Medizinprodukte-Verordnungen und ISO-Zertifizierungen keine Hindernisse dar. Dann weisen sie einem lediglich den Weg zu hoher Qualität.
Aus Sicht des Qualitätsmanagements gibt es ja eine Zertifizierung, die sich ganz konkret um diese Themen kümmert: die ISO 18587. Ist ein Unternehmen danach zertifiziert, weiß es ganz genau, was im Bereich Machine Translation möglich ist und was nicht. Vor allem weiß es dann, dass das, was heute gilt, morgen schon wieder überholt sein kann.
Ganz allgemein gesprochen, sehe ich für den Einsatz von Machine Translation bei Übersetzungen aus der Medizintechnik keine Probleme. In der Medizintechnik gibt es ja verschiedenste Textarten und für viele davon ist Machine Translation genauso geeignet wie sie es in anderen Branchen wie Software oder Maschinenbau ist. Kurz gesagt: Machine Translation ist bei richtiger Verwendung alltagstauglich und steht bei uns ständig auf dem Prüfstand. Ich kann den Einsatz von MT in der Medizintechnik bei geeigneten Texten und mit nachfolgender Überarbeitung durch qualifizierte Post-Editoren (Full Post-Editing) bedenkenlos empfehlen. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, liefert Machine Translation auch in der Medizintechnik großartige Ergebnisse. Achten muss man dabei darauf, dass das Übersetzungsbüro eine entsprechende Ausnahmegenehmigung des MT-Anbieters hat.
Titelbild: © MEINRAD