Ganz klar: Mehrere Sprachdienstleister zu haben, streut das Risiko. Und es erscheint auch verlockend, einen Auftrag stets an den günstigsten Anbieter zu vergeben. Doch Vorsicht – damit „verschenkt“ man die durch Translation Memorys möglichen Einsparungen und erhöht die Gefahr von inkonsistenten Übersetzungen.
In der Theorie klingt es für den Einkauf nach der idealen, kostengünstigsten Methode: Bei jeder noch so kleinen Übersetzung wird eine Handvoll verschiedener Übersetzungsbüros angefragt und das günstigste erhält jeweils den Auftrag. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass diese Vorgehensweise langfristig nicht die beste und schon gar nicht die günstigste ist. Hinzu kommt, dass Qualität und Konsistenz oft auf der Strecke bleiben.
Ganz abgesehen davon ist es für die Übersetzung zuständigen Mitarbeiter ein Mehraufwand, die Datei an mehrere Übersetzungsbüros zu schicken und anschließend die Angebote zu vergleichen. Und natürlich verzögert sich durch diese Vorgehensweise die Übersetzung, was gerade bei eiligen Aufträgen alles andere als ideal ist.
Durch den steten Wechsel können Kosteneinsparungen nicht voll ausgeschöpft werden. Aber auch im Übersetzungsbereich ist Wiederverwendung das Gebot der Stunde. Durch den Einsatz von Translation Memorys ist es möglich, Übersetzungen für Folgeaufträge zu speichern. Sobald ein Satz erneut vorkommt, muss er nicht mehr übersetzt und auch nicht mehr (voll) bezahlt werden. Je umfangreicher das Translation Memory bzw. je mehr von einem Text schon in diesem vorhanden ist, desto höher ist das Einsparungspotenzial. Das erklärt, warum es keinen Sinn macht, wenn Übersetzungsbüro A Version 1.0 einer Betriebsanleitung übersetzt und Übersetzungsbüro B Version 2.0. Jedes Übersetzungsbüro greift nur auf seine Translation Memorys zurück. Das Einsparungspotenzial, das gegeben wäre, wenn ein Übersetzungsbüro beide Versionen übersetzt, kann also nicht genützt werden.
Ein weiteres unerwünschtes Resultat der dezentralen Übersetzungsvergabe sind inkonsistente Übersetzungen. Da wie erwähnt jedes Übersetzungsbüro seine eigenen Translation Memorys hat und meist auch seine eigenen Terminologie-Datenbank für den Kunden aufbaut, liegt es in der Natur der Sache, dass einzelne Wörter und Sätze nicht immer identisch übersetzt werden. Schlimmstenfalls hat man im Unternehmen dann Anleitungen, Broschüren etc. mit zwar nicht unbedingt falscher, aber unterschiedlicher Terminologie. Das kann so weit gehen, dass ein Mitarbeiter in Niederlassung A einen Text von einem Übersetzungsbüro übersetzen lässt und ein Mitarbeiter in Niederlassung B bei einem anderen. Die Folge: Es sind zwei höchstwahrscheinlich unterschiedliche Broschüren im Umlauf. Und doppelt gezahlt hat man obendrein natürlich auch dafür. Hinzu kommt der zigfache Aufwand, wenn man bei jedem Übersetzungsbüro als Kunde an der Terminologie-Datenbank mitarbeitet.
Das heißt nun aber nicht, dass ein Unternehmen nur einen einzigen Übersetzungspartner haben sollte. Es spricht prinzipiell nichts dagegen, das Übersetzungsvolumen auf mehrere Übersetzungsagenturen aufzuteilen, doch sollte man sich auf eine nicht zu große Anzahl beschränken. Die Vergabe sollte anhand strategischer Überlegungen passieren. Sinnvoll könnte beispielsweise eine Aufteilung nach Abteilung oder Sprachkombination sein – so ist gewährleistet, dass man stets die volle Kosteneinsparung durch das Translation Memory und maximale Konsistenz erreicht.
Eine längerfristige Zusammenarbeit bietet im Gegensatz zur On-Off-Beziehung viele Vorteile:
Durch den zentralen Einkauf von Übersetzungen profitieren sowohl Unternehmen als auch Übersetzungsbüro. Unternehmen können Kosteneinsparungen voll nutzen und bekommen in der Regel auch bessere Konditionen als bei sporadischen Aufträgen. Und das Übersetzungsbüro kann optimale Qualität und Konsistenz sowie genau auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittene Workflows bieten und natürlich auch seine Kapazitäten besser planen.
Die im Text gewählten personenbezogenen Bezeichnungen sollen sich ausdrücklich auf alle Geschlechter in gleicher Weise beziehen. Soweit im Text die männliche Form gewählt wurde, geschah dies aufgrund der besseren Lesbarkeit. Hintergründe zu unserer Entscheidung finden Sie in unserem Artikel So lebt MEINRAD das Thema Gleichberechtigung und gendergerechte Sprache.
Titelbild: © Storyblocks