Die Entscheidung ist gefallen! Möchte man vom dezentralen und häufig chaotischen Übersetzungseinkauf hin zum strukturierten und nachhaltigen Übersetzungseinkauf, gibt es einiges, auf das man achten sollte. Mit dem 5-Schritte Fahrplan gelingt der Umstieg.
In vielen Unternehmen herrscht Chaos, was Übersetzungen betrifft. Vielen ist gar nicht klar, welche und wie viele Übersetzungsdienstleister beauftragt werden und welche Abteilungen überhaupt Bedarf an Übersetzungen haben. Dabei geht natürlich auch die Kostenübersicht verloren. Sobald sich Einkaufsleiter dieser Situation bewusst sind, entscheiden sie sich dazu, etwas daran zu ändern! Definitiv eine gute Idee, denn durch die Strukturierung und gut verhandelte Rahmenverträge genießt man viele Vorteile:
Wie aber geht man das Projekt „strukturierter Übersetzungseinkauf“ an? Entscheidend ist, eine hauptverantwortliche Person zu haben, die den Fortschritt vorantreibt und „dahinter ist“. Bis alles umgesetzt ist und die Zusammenarbeit mit dem/den neuen Dienstleistern starten kann, muss man mit einem Zeitraum von bis zu einem Jahr rechnen. Die hauptverantwortliche Person kann aber nicht alles alleine bewältigen und soll es auch gar nicht. Erfahrungen aus der Praxis zeigen: Ein solch großer Schritt – der Veränderungen für die Arbeitsweise von allen bedeutet – kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten mit ins Boot geholt werden und auf ihre Bedürfnisse Rücksicht genommen wird. Für einen nachhaltigen Einkauf ist die Unterstützung aller Kollegen nötig. Es nützt nichts, wenn der Einkauf monatelang neue Dienstleister auswählt und den/die seiner Meinung nach besten präsentiert, wenn sich hinterher die Projektleiter quer stellen und nicht von ihrem gewohnten Dienstleister abweichen wollen.
Das ideale Team für die Strukturierung des Übersetzungseinkaufes setzt sich daher wie folgt zusammen:
Im ersten Schritt sollte man sich einen gründlichen Überblick über die Ist-Situation verschaffen, also darüber, welche Abteilungen Übersetzungen benötigen. Vielfach ist es gar nicht auf den ersten Blick ersichtlich, dass eine Abteilung Übersetzungen bestellt, weil sich die Kosten dafür möglicherweise in Projektkosten „verstecken“. Eine unternehmensweite Umfrage ist daher essentiell. Darin kann auch abgefragt werden, ob einzelne Abteilungen beispielsweise Translation Memorys oder Termdatenbanken/Glossare haben und pflegen oder es eine Menge an bereits übersetzten Dokumenten gibt (interessant für spätere Alignments). Im Zuge der Umfrage sollten zusätzlich die bisherigen Dienstleister abgefragt und beurteilt werden. Sind die Kollegen mit gewissen Dienstleistern sehr zufrieden, kann man diese gleich in die engere Wahl mit einbeziehen. Wichtig ist es auch, die Übersetzungskosten der letzten 3-5 Jahre zu ermitteln, um Anhaltspunkte für das zu erwartende Volumen zu haben.
Damit hinterher auch die passenden Dienstleister ausgewählt werden können, ist es ebenso nötig, die Anforderungen der Abteilungen zu erfassen. Welche Abteilung benötigt welchen Übersetzungsprozess (z. B. ist Machine Translation und Post-Editing geeignet oder müssen es kreative Marketing-Übersetzungen sein)? Welche sonstigen Anforderungen, zum Beispiel hinsichtlich Sprachen, IT-Sicherheit, Systemlandschaft, Erreichbarkeit, usw., gibt es? Diese Kriterien werden dann nach Priorität sortiert. Das Ergebnis dient als Basis für die Gespräche mit den einzelnen Dienstleistern. Eine gute Vorbereitung ist hier der Schlüssel zum Erfolg!
Anhand der wichtigsten Kriterien kann dann eine Vorauswahl an geeigneten Dienstleistern getroffen werden. Eventuell gibt es im Pool der bestehenden Dienstleister schon genügend Kandidaten, die man zu vertiefenden Gesprächen einladen kann. Ansonsten folgt an dieser Stelle die Veröffentlichung einer Ausschreibung.
Vor den Gesprächen sollte man sich folgende Fragen stellen:
Wer soll an den Gesprächen teilnehmen?Nachdem alle Gespräche geführt wurden und man sich für einen bzw. eine Handvoll Dienstleister entschieden hat, sollte es an die Ausarbeitung eines Rahmenvertrages gehen. Ein Rahmenvertrag ist idealerweise kein Dokument, das nach Unterzeichnung ungenutzt vor sich hin verstaubt, sondern das echten Mehrwert für die Praxis bietet. Bei den Verhandlungen sind im Idealfall alle Bedarfsträger (Abteilungsleiter) eingebunden. Alle Punkte, die im Zuge der Bedarfs- und Anforderungserfassung aufgetaucht sind, sollten im Rahmenvertrag abgedeckt werden. Das können die folgenden sein:
Da jede Abteilung unterschiedliche Anforderungen haben kann, gibt es im Idealfall für jede Abteilung einen eigenen Abschnitt im Vertrag. So kommt jeder zu dem, was er braucht. Denn der Vertrag sollte so gestaltet sein, dass er für die tägliche Arbeit ein Gewinn ist. Dementsprechend sollten auch alle Mitarbeiter, beispielsweise durch ein Factsheet, Kenntnis über den Inhalt und die sich daraus ergebenden Prozesse haben.
Welche Inhalte ein Rahmenvertrag genau haben sollte, ist in folgender Checkliste zu finden:
Ebenso vertraglich festgehalten werden kann der Ablauf und die Gestaltung des Onboarding-Prozesses und die damit verbundenen Pflichten (z. B. werden Schulungen für die Mitarbeiter für das Kundenportal benötigt, ab welchem Zeitpunkt sollen Schnittstellen funktionieren, wann werden bestehende Termdatenbanken und Translation Memorys implementiert etc.?). Ist dann alles fixiert und vorbereitet, steht dem Beginn einer guten Zusammenarbeit nichts mehr im Wege.
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