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Der Weg zum strategischen Übersetzungseinkauf: Wie das 6D-Assessment im Vorfeld helfen kann

Geschrieben von Meinrad Reiterer | 21. Oktober 2021

Von der Entscheidung, dass der Übersetzungseinkauf strategisch neu ausgerichtet wird, bis zum Beginn der Zusammenarbeit mit dem/den neuen Übersetzungsbüro(s), vergeht nicht nur Zeit – es kommt einiges an Arbeit auf alle Beteiligten zu. Damit im Trubel nichts vergessen wird, lohnt es sich, zuvor ein 6D-Assessment durchzuführen, um den Ist-Zustand und die Ziele des Umstieges zu erfassen.

Große Unternehmen mit hohem Übersetzungsbedarf für viele Abteilungen kämpfen oft mit langen und schwerfälligen Prozessen. Bis ein neuer Prozess steht, dauert es mitunter recht lang. Das ist auch beim Umstieg hin zu einem strukturierten Übersetzungseinkauf nicht anders. Ein durchdachtes Vorgehen ist daher unerlässlich.

Am Anfang stehen die Vision und ein 6D-Assessment

Auf dem Weg zum strukturierten Übersetzungseinkauf sind die Ermittlung des Ist-Zustandes und die Abfrage der Bedürfnisse aller Personen mit Übersetzungsbedarf das A und O, damit später alle das bekommen, was sie brauchen. Hier empfiehlt es sich, ein 6D-Assessment durchzuführen und eine Vision auszuarbeiten. Die zentrale Fragestellung dabei: Wo möchte man hin, was ist das Ziel des Umstieges und wie möchte man dieses messen? Anhaltspunkte könnten zum Beispiel eine bessere Ausnutzung der Translation Memorys (höhere Kosteneinsparung), die Automatisierung der Prozesse (Einsatz von Machine Translation, Nutzung von Schnittstellen etc.) oder eine bessere Kostenkontrolle (Reporting) sein. Im Zuge des 6D-Assessments werden folgende Dimensionen genau beleuchtet:

  • D1 Reporting
  • D2 Technologie & Ressourcen
  • D3 Bereichsinterne Prozesse
  • D4 Prozesse des Übersetzungsbüros
  • D5 Interne Auftraggeber
  • D6 Gruppenweite Prozesse

Technologie und Ressourcen unter die Lupe nehmen

In die 1. Dimension fällt unter anderem die Frage, wie das Reporting aussehen soll und was man messen möchte – zum Beispiel, wo Extrakosten herkommen. Hierfür werden KPIs definiert. Diese unterstützen dabei, das Ziel zu erreichen. Ziele können zum Beispiel eine bessere Kostenübersicht, die Vereinheitlichung der Terminologie, der Umstieg auf ein Redaktionssystem gemeinsam mit dem Übersetzungspartner, die Einführung einer Schnittstelle oder die Kosteneinsparung durch Machine Translation sein. Dementsprechend werden Reporting und KPIs aufgebaut. 

In die 2. Dimension fallen sämtliche Ressourcen, die im Zusammenhang mit Übersetzungen stehen – das wären Translation Memorys, Terminologie-Datenbanken sowie CAT- Tools. Es sollte erhoben werden, wie viele TMs es gibt, wem sie gehören, wie und in welcher Form sie in Zukunft weiterverwendet werden sollen usw. Ebenso sollte man sich Gedanken um das Terminologiemanagement machen, insbesondere dann, wenn man künftig stärker auf Automatisierung und die Nutzung von Machine Translation setzen möchte. In vielen Fällen muss diese überarbeitet und bereinigt werden. Eine weitere Frage ist, wer die Termdatenbank mit fremdsprachlicher Terminologie füllt – wird das intern erledigt, durch die Niederlassung oder sollen dies durch die Übersetzer des Übersetzungsbüros erfolgen? Auch hier gilt: Je besser man das langfristige Ziel kennt, desto besser können Translation Memorys und Termdatenbanken konfiguriert werden.

Interne und externe Prozesse

In der 3. und 4. Dimension geht es um die internen und externen (Übersetzungsbüro) Prozesse. Neben den maßgeschneiderten Workflows und optional der Integration einer Schnittstelle sind die wesentlichen Punkte hier das Wissensmanagement und regelmäßige Jour Fixes mit dem Übersetzungspartner.

 

Unser 1. Geheimtipp
Im Laufe des Umstieges wird es trotz bester Planung in der Theorie in der Praxis zu Überraschungen und Problemen kommen. Damit man schnell darauf reagieren kann, sind regelmäßige Jour Fixes mit dem Übersetzungspartner empfehlenswert. Diese sollten anfangs wöchentlich durchgeführt werden.
Unser 2. Geheimtipp
Setzen Sie auf Echtzeitkollaboration mit dem Sprachdienstleister! Ein gemeinsamer Space für die Sammlung von Wissen und zur Ableitung von Maßnahmen auf den alle Zugriff haben, wächst mit der Zeit automatisch zu einer Art Handbuch an.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, interne Zuständigkeiten zu klären und zu definieren. Je nach Größe des Teams kann es sein, dass es eigene Zuständige für Technologie, Innovationen usw. gibt.

Intern klar Schiff machen

In der 5. Dimension werden die internen Auftraggeber beleuchtet. Hier gilt es unter anderem zu klären, wer Angebote/Projekte beauftragen darf und in welcher Form. Ebenso sollte man sich mit Hilfe des Übersetzungspartners an eine Textsortenklassifikation machen und für jede Klasse einen eigenen Workflow ausarbeiten, der dem Sicherheits- und Qualitätsrisiko Rechnung trägt. In der 6. Dimension liegt das Augenmerk schließlich auf den gruppenweiten Prozessen, wozu In-Country Reviews beziehungsweise Feedback der Niederlassungen gehören. Ist gewünscht, die Niederlassungen einzubinden, braucht es eine klare Vorstellung, wie der Prozess ablaufen soll und technisch umgesetzt wird.

Gelungenes Onboarding

Damit bei der Gestaltung des Rahmenvertrages mit dem Übersetzungsbüro nichts vergessen wird, sollte das 6D-Assessment bereits im Vorfeld durchgeführt werden. Dementsprechend kann dann auch der Onboarding-Prozess genau auf die Bedürfnisse abgestimmt werden und der Umstieg Schritt für Schritt gemeinsam umgesetzt werden. Ratsam ist es, nicht von einem Tag auf den nächsten alle Übersetzungsaufträge dem neuen Übersetzungspartner zu geben, sondern sukzessive. So kann zum Beispiel nach erfolgter Textsortenklassifizierung mit Textsorte A gestartet werden, während man den Workflow für Textsorte B ausarbeitet. Regelmäßige Jour Fixes sorgen dafür, dass für auftauchende Probleme rasch eine Lösung gefunden werden kann.

 

 

Titelbild: © Adobe Stock