Sie haben schon einmal ein Dokument mit einem kurzen Absatz zur Übersetzung geschickt und sich gewundert, warum diese augenscheinlich kleine Übersetzung a.) „so lang dauert“ und b.) „so teuer“ ist? Ein Übersetzungsbüro behandelt jedes Übersetzungsprojekt mit derselben Sorgfalt. Egal, ob es 100 Wörter, 1000 oder 100.000 Wörter umfasst – die Abläufe und Schritte sind dieselben. Somit unterscheidet sich auch der Aufwand nicht wesentlich. MEINRAD erklärt.
„Was dauert denn da so lang, drei Sätze zu übersetzen“ – eine solche oder ähnliche Frage hat sich so mancher vielleicht schon gestellt, der regelmäßig Übersetzungen beim Übersetzungsbüro seines Vertrauens in Auftrag gibt, darunter auch ab und an welche mit geringerem Umfang. Um bei diesem Beispiel zu bleiben: An und für sich wären diese drei Sätze schnell übersetzt, aber: Die Tätigkeit des Übersetzers, also das Übertragen eines Inhalts von einer in einer andere Sprache, ist nur ein Schritt von vielen in der Supply Chain, sozusagen die Spitze des Eisberges. Um eine hochwertige Übersetzung zu erhalten, sind viele Prozesse und Schritte nötig, die in der Regel ablaufen, ohne dass sie vom Auftraggeber wahrgenommen werden. Und diese Schritte beeinflussen die Dauer der Übersetzung zu einem Gutteil mit.
Ein Übersetzungsbüro schickt die Dateien heutzutage nicht einfach direkt an die Übersetzer weiter, damit diese sie dann bearbeiten und übersetzt retour schicken. Das wäre natürlich zwar möglich, würde aber den Einsatz moderner Übersetzungstechnologien (Translation-Memory-Systeme, Termdatenbanken etc.) unmöglich machen. Übersetzungsbüros arbeiten mit CAT-Tools, und bevor der Text beim Übersetzer „landet“, bereitet der zuständige Projektmanager alles für eine reibungslose Übersetzung vor. Dazu gehören beispielsweise die Konvertierung von unbearbeitbaren Dateien, das Aufsetzen des Projektes, das Hinzufügen der kundenspezifischen Datenbanken, das Vornehmen von spezifischen Einstellungen (unter anderem den richtigen Filter für die jeweilige Datei auswählen, ggf. Segmentierung usw. anpassen, nicht zu übersetzende Elemente sperren oder taggen und vieles mehr) und eine genaue Wortanalyse. Kurzum: Der Projektmanager als Experte erstellt das Projekt und bereitet alles so vor, dass jene Inhalte, die übersetzt werden sollen, später vom Übersetzer auch bearbeitet werden können.
Diese Schritte fallen bei jedem Projekt unabhängig von seiner Größe an. Der zeitliche Aufwand für ein kleines Projekt mit wenigen Wörtern ist also oft nicht wesentlich geringer als der für ein größeres (je nach Dateiformat und strukturellem Aufbau). Und: Je mehr Sprachen ein Projekt umfasst, desto zeitintensiver sind die Vorbereitungsarbeiten für den Projektmanager – wiederum unabhängig von der Größe. Denn: Jede Sprache muss separat vorbereitet werden, und für jede Sprache ist die Kommunikation mit einem (anderen) Übersetzer nötig (ihn für den Auftrag anfragen, ihn zuweisen, ggf. Rückfragen bearbeiten usw.) Da macht es einen Unterschied, ob das Projekt eine oder zwanzig Sprachen umfasst. Aber es ist nebensächlich, ob pro Sprache 50 oder 5000 Wörter übersetzt werden sollen.
Beim Übersetzen selbst macht es dann natürlich schon einen Unterschied, ob der Übersetzer nur ein paar Sätze übersetzt oder viele tausend Wörter. Dennoch darf man auch den Aufwand für kleine Aufträge seitens des Übersetzers nicht außer Acht lassen. Auch er hat damit im Vergleich zu dem, was er finanziell bekommt, relativ viel Arbeit: Er muss die Anfrage annehmen, Anweisungen lesen, sich am Server einloggen und auf das Projekt zugreifen, es auf seinen Rechner laden und öffnen, anhand der Ressourcen wie Termdatenbanken und Translation Memory eine korrekte und kohärente Übersetzung erstellen, eine Qualitätsprüfung durchführen, den Auftrag liefern und später eine Rechnung dafür schicken. Dabei muss noch festgehalten werden, dass oft gerade die Übersetzung von wenigen Wörtern/Sätzen schwierig ist, weil der Übersetzer aufgrund des fehlenden oder geringen Kontexts vergleichsweise viel recherchieren und sich stärker an bestehenden Übersetzungen im Translation Memory und der Termdatenbank orientieren muss. Das ist mitunter mühsamer, als wenn man gleich eine Betriebsanleitung „von vorne bis hinten“ übersetzt.
Kleinst- und Kleinprojekte sind für ein Übersetzungsbüro nicht wirtschaftlich. Durch den reinen Wortpreis sind die Kosten für eine Mini-Übersetzung meist nicht gedeckt. Man denke an eine Übersetzung von <100 Wörtern. Selbst wenn es sich um eine „einfache“, bearbeitbare Datei handelt – bis die Übersetzung schlussendlich bei Ihnen ist, sind Projektmanager und Übersetzer gemeinsam vermutlich eine gute Stunde beschäftigt. Mit dem reinen Wortpreis von ein paar Cent pro Wort sind diese Kosten nicht abgedeckt – schon gar nicht, wenn die freiberuflichen Übersetzer ihrerseits Pauschalen an das Übersetzungsbüro verrechnen, um ihren zeitlichen Aufwand abzugelten. Daher ist es üblich, dass bei Kleinst- und Kleinprojekten Mindestpauschalen zum Tragen kommen oder sie nach zeitlichem Aufwand anstatt Wörtern verrechnet werden. Mindestpauschalen haben also nichts mit Profitgier zu tun; sie sind bei kleinen Aufträgen schlichtweg nötig, um kostendeckend arbeiten zu können. Es kann gut und gerne sein, dass ein Projektmanager mehrere Stunden benötigt, um einen Satz in 20 Sprachen übersetzt zu bekommen.
Mindestpauschalen sind also nötig, um die Kosten für kleine Projekte decken zu können. Vermeiden lassen sie sich wohl nicht gänzlich, denn manchmal hat man einfach nur wenig zu übersetzen. Aber: So oft es geht sollten Sie mit der Übermittlung warten, bis noch weiterer Inhalt in dieser Sprache dazu kommt.
Und ein weiterer Tipp: Sprechen Sie mit Ihrem Übersetzungsbüro – eventuell lässt sich auch der Workflow optimieren. Dank cleverer Automatisierungen können sich vielleicht so Kosten einsparen, indem zum Beispiel in regelmäßigen Abständen automatisiert Sammelprojekte erstellt werden.
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