Wer die Wahl hat, hat die Qual? Also lieber alles auf eine Karte setzen? Beim Übersetzungseinkauf kann man durch strategische Überlegungen viel Zeit und Geld sparen. Wir beleuchten die Vor- und Nachteile der dezentralen und zentralen Beschaffung von Übersetzungen und dem Hybridmodell.
Eigentlich wollen Sie und Ihre Mitarbeiter ja „nur“ eine Übersetzung. Doch es gibt mehrere Möglichkeiten, diese einzukaufen – Vor und Nachteile inklusive. Hier eine kurze Übersicht dazu:
© MEINRAD: Drei Modelle des Übersetzungseinkaufs im Überblick
Beim dezentralen Einkauf holen die Abteilungen/Projektteams bei jeder Übersetzung Angebote von mehreren Übersetzungsbüros ein. Der erstmalige Administrationsaufwand für die Ausarbeitung eines Rahmenvertrages entfällt, stattdessen hat man einen fortlaufenden Aufwand beim Anfragen und Überprüfen der Angebote. Liegen alle Angebote vor, müssen diese verglichen werden, was oft nicht so einfach ist, da sich die Verrechnung deutlich unterscheidet. Meist bekommt der günstigste Anbieter den Zuschlag. Diese Vorgehensweise birgt einen nicht zu unterschätzenden zeitlichen Aufwand, der vor allem bei dringenden Übersetzungen ein großes Manko darstellt. Andererseits stehen durch die dezentrale Beschaffung mehrere Übersetzungsbüros parat. Das Risiko, durch einen Engpass bei einem Übersetzungsbüro eine Übersetzung nicht termingerecht zu bekommen, sinkt, da man ja mehrere zur Auswahl hat und sich dann einfach für ein anderes entscheiden kann. Die Flexibilität ist also hoch. Ebenso aber auch die Kosten.
Der dezentrale Übersetzungseinkauf ist selten so günstig, wie er auf den ersten Blick scheint. Selbst wenn der Auftrag immer an den günstigsten Anbieter vergeben wird – die Chance auf Volumenrabatte bei entsprechender Übersetzungsmenge wird beim dezentralen Einkauf vertan. In der Regel kann durch Rahmenverträge ein niedrigerer Preis ausverhandelt werden, als dies bei „Ad-hoc-Bestellungen“ der Fall ist. Und: Die Rolle der Translation Memories darf nicht außer Acht gelassen werden. Diese Übersetzungsspeicher sind nämlich bares Geld wert. Hat man zehn unterschiedliche Übersetzungsdienstleister (mit jeweils eigenen TMs) und schickt die Übersetzungen einmal dorthin und einmal dorthin, so leidet nicht nur die Qualität aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit für Inkonsistenzen, sondern es wird vermutlich vieles doppelt und dreifach übersetzt und dementsprechend auch doppelt und dreifach bezahlt. Denn: Jedes Übersetzungsbüro kann nur auf seine eigenen TMs zugreifen. Die andere Option ist, dass Sie sich selbst um die Verwaltung der TMs kümmern (sofern die Übersetzungsbüros diese ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung „rausrücken“). Dann entsteht aber ein enormer Aufwand für das Updaten und Hin- und Herschicken zwischen den einzelnen Dienstleistern. Der dezentrale Übersetzungseinkauf streut das Risiko, durch die vielen Dienstleister wird er aber schnell unübersichtlich und die Kostenkontrolle und Transparenz gehen verloren.
Dem gegenüber steht der zentrale Übersetzungseinkauf. Dabei werden alle Übersetzungsaufträge an einen Übersetzungsdienstleister vergeben. Das klingt erst einmal wenig flexibel und risikobehaftet – wenn man aber ein Übersetzungsbüro wählt, das alle Anforderungen erfüllt und dem man vertraut, genießt man dadurch viele Vorteile. Einer davon ist das Wegfallen der ständigen Anfragen und der Vergleiche von Angeboten. Nach dem einmaligen Aufwand für die Erstellung eines Rahmenvertrages können die Mitarbeiter aller Abteilungen ihre Aufträge an das Übersetzungsbüro übermitteln und sicher sein, dass sie durch die Verwendung der Translation Memories und Termdatenbanken konsistente Übersetzungen bekommen. Um die Verwaltung der TMs müssen sie sich ebenfalls nicht kümmern, das übernimmt das Übersetzungsbüro. Durch die Zentralisierung und die dementsprechend größere Menge können im Rahmenvertrag Volumenrabatte gesichert werden. Zudem können sich durch langjährige Geschäftsbeziehungen immer günstigere Konditionen ergeben. Da alles an einen Dienstleister geht, ergibt sich die maximale Kostenkontrolle und -transparenz.
Die Vorteile des zentralen Übersetzungseinkaufes sind also:
Wem das Risiko zu groß ist, auf einen Dienstleister zu setzen, er aber in den Genuss der Vorteile des zentralen Einkaufes kommen möchte, für den bietet sich das Hybridmodell an. Das heißt, man konzentriert sich auf eine kleine Anzahl an Übersetzungsbüros und arbeitet eng mit diesen zusammen. Der anfängliche Administrationsaufwand ist hoch, der laufende Aufwand mäßig.
Hier empfiehlt es sich, strategische Überlegungen anzustellen und die Aufträge sinnvoll an die einzelnen Dienstleister zu vergeben, um die Translation Memories optimal auszunutzen. Eine Überlegung wäre es beispielsweise, wenn Abteilung A mit Übersetzungsbüro 1 zusammenarbeitet, Abteilung B mit 2 etc. Dadurch sollte auch die Qualität durch Konsistenz bestmöglich gewahrt sein. Alle Vereinbarungen rund um den Einkauf von Übersetzungsdienstleistungen hält man am besten in einem Rahmenvertrag fest.
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