Übersetzungseinkauf

Reporting im Übersetzungsmanagement – Eva Reiterer über Kennzahlen & Co

Reporting-Expertin Eva Reiterer, MSc nimmt an Video-Konferenz teil

Kosteneffizienz, Einsparungspotenziale, Wirksamkeitsprüfung – die Anforderungen an die Übersetzungsprozesse steigen und damit einhergehend die Nachfrage nach Kennzahlen aus dem Bereich Übersetzung. Doch was beinhaltet Übersetzungsreporting? Wozu macht man es und welche Grundkenntnisse braucht man für ein erfolgreiches Reporting? Diesen Fragen stellt sich unsere Reporting-Expertin Eva Reiterer im Interview.

Wieso begeistert dich ein Thema, das sonst so viele in der Branche abschreckt?

Weil man mit Reporting im Idealfall Veränderung bewirkt. Veränderung kann zwar im ersten Moment angsteinflößend sein, am Ende des Tages bringt sie einen aber im Leben weiter. Und Reporting macht genau das mit einem Unternehmen oder einer Abteilung – es bringt uns auf das nächste Level und Fortschritte werden sichtbar. Das ist das, was mich daran so begeistert. Das Reporting ist dabei sozusagen das Mittel zum Zweck. Zudem muss ich aber auch gestehen, dass in mir ein richtiger Zahlen- und Excel-Nerd steckt. Das spielt mir in diesem Bereich natürlich in die Karten.

Wie kann man Reporting gestalten, sodass man diese Begeisterung wie du entwickelt?

Wenn der Zweck dahinter tatsächlich Veränderung ist und man erkennt, dass Reporting diese Veränderung ermöglicht, kommt die Begeisterung von ganz alleine. Denn dann ist das Reporting nicht einfach eine Vorgabe „von oben bei der man eben irgendwelche Zahlen zusammensucht. Dann ist es eher eine Geschichte, die man erzählt, die mit Zahlen untermalt wird. Zusätzlich hilft es einem, wenn man eine Art Guide hat, an dem man sich orientieren kann. Besonders die ersten Schritte sind oft nicht leicht, weil man einfach nicht weiß, wo man anfangen soll. Hat man aber einmal ein paar Richtlinien und Ideen gesammelt, sprudeln die Ideen oft gleich und einhergehend auch die persönliche Begeisterung.

Welche Voraussetzungen braucht man als Person? Sind BWL- oder Controlling-Kenntnisse ein Muss?

Nein, absolut nicht! Natürliche Neugier ist wichtig und man sollte keine Scheu davor haben, Fragen zu stellen. Denn besonders zu Beginn ist es nicht immer leicht, alle Informationen zu finden. Man möchte kaum glauben, wo sich in einem Unternehmen Informationen verstecken, die für das Übersetzungsreporting relevant sein können. In großen Unternehmen kocht oft jede Abteilung ihr eigenes Süppchen und bestellt Übersetzungen bei verschiedensten Übersetzungsbüros. Da ist es dann gar nicht so leicht, dass man sich alle Informationen zusammensucht. Man braucht zu Beginn also definitiv Durchhaltevermögen. Grundkenntnisse in Excel oder gar Power BI sind klarerweise hilfreich, aber nicht notwendig. Ich persönlich kann hier die Kurse von udemy.com empfehlen, da findet man extrem hilfreiche Inhalte zu Reporting-Tools zu angemessenen Preisen. Was ich beim Reporting auch wichtig finde, ist der Blick fürs Große und Ganze. Einfach nur eine Zahl anzusehen bringt einen nicht wirklich weiter. Man muss sich die Zusammenhänge und die Geschichten hinter den Zahlen vorstellen. Mit dem richtigen Storytelling zahlt sich Reporting wirklich aus.

Was ist denn dieses „Storytelling beim Reporting?

Wenn man sich eine Zahl alleine ansieht, heißt das nicht viel. Auch wenn man dem Management einfach nur Zahlen aus der Übersetzungsabteilung zeigt, kommt mit Sicherheit die Frage: Und was heißt das?“. Das ist ganz klar, denn eine Kennzahl gewinnt erst durch ihre Geschichte Bedeutung. Deshalb sollte man Zahlen immer mit einer Geschichte präsentieren und Folgendes erklären:

  • Was bedeutet die Zahl?
  • Warum hat sich die Zahl so entwickelt?
  • Welche Auswirkungen hat das auf den Alltag der Abteilung und des Unternehmens?
  • Was sollte sich an dieser Zahl ändern?
  • Wie erzielt man diese Veränderung?

Das Ganze ist dann dieses Storytelling“, von dem viele sprechen. Im Prinzip ist es also nur der logische Hintergrund der Zahlen.

Wieso möchte die Geschäftsführung/das Management immer Zahlen sehen?

Die Geschäftsführung kann nicht immer alles im Blick haben. Man hat auch nicht die Zeit, sich mit den Details jeder Abteilung auseinanderzusetzen. Die Geschäftsführer eines Unternehmens mit 10.000 Mitarbeitern wissen vermutlich nicht, woraus sich ein CAT-Grid zusammensetzt und welche Auswirkungen es auf die Qualität und den Preis von Übersetzungen hat – müssen sie ja auch nicht, denn dafür gibt es kompetente Kollegen, die Fachexperten in diesem Bereich sind. Geschäftsführer haben aber trotzdem die Aufgabe, das Große und Ganze im Blick zu behalten und man hat das Bedürfnis, die Kontrolle zu bewahren. Zahlen geben einem dabei oft das Gefühl, die Situation „unter Kontrolle zu haben – auch wenn man in Wahrheit nie wirklich alles kontrollieren oder beeinflussen kann. Der Grund, warum ich als Geschäftsführerin gerne „Zahlen sehen möchte, ist ein anderer: Ich möchte meine Kollegen dazu bewegen, dass sie sich auch Gedanken um das Große und Ganze machen und Optimierungspotenzial in ihrer eigenen Abteilung erkennen. Sie sollen sich auch nicht vor Veränderung scheuen. Ganz im Gegenteil: Veränderung anzustoßen ist ein wichtiger Teil unserer Unternehmensphilosophie. 

Was ist der wichtigste Grundsatz beim Reporting?

Für mich ist die Antwort klar: Einfach anfangen! Diese Aussage ist nämlich zweideutig. Einerseits soll es heißen, dass man sich einfach trauen sollte anzufangen sich am Reporting zu versuchen. Andererseits ist es wortwörtlich zu nehmen: Man sollte klein und einfach anfangen und es nicht gleich zu Beginn übertreiben. Schritt für Schritt kommt man beim Reporting am besten ans Ziel. 

Jetzt ganz konkret: Was soll man denn überhaupt im Übersetzungsmanagement messen?

Beim Übersetzungsreporting geht es zumeist natürlich um die Übersetzungskosten. Ganz konkret können diese pro Abteilung, pro Sprachkombination, pro Niederlassung, pro Produkt, pro Dateiformat oder pro Workflow analysiert werden. Zudem sind die Einsparungen durch Translation Memory, CAT-Grid und Volumenrabatte messbar. Qualitätskennzahlen wie Ergebnisse eines LQA-Berichts, das ist die linguistische Qualitätssicherung, oder die Anzahl an Reklamationen können auch hilfreich sein – je nachdem was man mit dem Reporting bezweckt. Die interne Arbeitszeit von Übersetzungsabteilungen und Technischen Redaktionen ist auch etwas, das gerne und gut gemessen werden kann. 

Wie kommt man an Daten und was tut man, wenn man keine Daten hat?

Im Idealfall hat man abteilungsintern Daten, die man verwenden kann. Es ist üblich, dass diese an verschiedensten Orten in verschiedensten Formaten gesammelt werden. Dann muss man eben etwas Zeit investieren und die Daten ordnen und aufbereiten. Ich kann empfehlen, direkten Kontakt mit jenen Personen aufzunehmen, bei denen man vermutet, dass sie Daten pflegen. Am besten fragt man ein bisschen herum, dabei wird man zumeist fündig. Das Übersetzungsbüro des Vertrauens hat zumeist auch Zahlen und Fakten, die verwendet werden können. Wenn man wirklich gar nichts findet, was eher der Ausnahmefall ist, dann muss man eben selbst anfangen Informationen aufzuschreiben. Man kann beispielsweise seine eigene Arbeitszeit tracken und analysieren wie lange man für gewisse Arbeitsschritte braucht. Danach könnte man errechnen, wie viel Zeit man einsparen würde, hätte man ein besseres Tool oder mehr Kapazitäten und schon hat man einen wichtigen Teil der Geschichte hinter den Zahlen parat. 

Wo bekommt man Hilfe beim Reporting?

In den meisten Unternehmen gibt es in der Controlling-Abteilung Expertise rund ums Thema Excel und Power BI. Online findet man auch zahlreiche allgemeine Tutorials zum Thema Reporting. Im konkreten Fall des Übersetzungsreportings bieten auch Übersetzungsbüros Expertise in diesem Bereich an. Auch auf Konferenzen wie den tekom Tagungen ist das Thema präsent – proaktive Weiterbildung ist hier also definitiv der richtige Weg. Bei der tekom Jahrestagung 2021 habe ich einen Vortrag zu diesem Thema gehalten. Eine schriftliche Zusammenfassung dazu gibt es hier:

 

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Titelbild: ©  MEINRAD

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