Künstliche Intelligenz und Machine Translation sind wohl die Schlagworte der letzten Jahre im Übersetzungsbereich. Es gibt kaum jemanden, der noch nicht Google Translate und Co verwendet hat. Doch ist Machine Translation überhaupt für den professionellen Einsatz geeignet oder sind menschliche Übersetzer jetzt sowieso überflüssig? Und überhaupt: Was sind die Unterschiede zu einer Humanübersetzung? Wir gehen diesen und weiteren Fragen auf den Grund.
Vorbei sind die Zeiten, wo Google Translate als verpönt galt und mit minderer Qualität in Verbindung gebracht wurde. Wer heute nicht Online-Übersetzungsdienste verwendet, ist fast schon „out“. Das gilt sowohl für international tätige Unternehmen, als auch in besonderer Weise natürlich für Übersetzungsbüros. Unweigerlich taucht die Frage auf, ob es denn da überhaupt noch Menschen beim Übersetzungsprozess braucht, wenn Google innerhalb weniger Sekunden jede beliebige Sprache spricht.
Mensch mit Maschine
Die Antwort ist „ja“. Denn der Name ist etwas irreführend. Obwohl gemeinhin von Machine Translation (MT) gesprochen wird, so ist trotzdem der Mensch maßgeblich beteiligt. Daher ist MT im professionellen Übersetzungsbereich untrennbar mit PE (kurz für: Post-Editing) verbunden. Entscheidend ist nämlich, dass beim Workflow „Machine Translation und Post-Editing“ nicht die Maschine die Arbeit des Übersetzers ersetzt. Vielmehr wird sie in den Übersetzungsprozess eingebunden und liefert die Vorarbeit für den Übersetzer aus Fleisch und Blut. Dessen Aufgabe besteht dann darin, sich ausgehend vom Quelltext den Vorschlag der Maschine durchzulesen und gegebenenfalls mehr oder weniger stark zu bearbeiten. Diesen Vorgang nennt man Posteditieren. Translation Memories und Termdatenbanken werden dabei einbezogen.
Light Post-Editing
Beim Post-Editing werden zwei Stufen unterschieden – full und light. Letzteres hat das Ziel, einen lediglich verständlichen Text zu erhalten. Diese Variante ist aus MEINRADs Sicht nur für wenige Zwecke geeignet, nämlich immer dann, wenn Qualität und Stil nicht wichtig sind. Ein Beispiel ist interne Kommunikation, wo man nur grob wissen möchte, worum es geht. Bei Texten mit höherem Qualitäts- und Sicherheitsanspruch sollte man Full Post-Editing den Vorzug geben.
Full Post-Editing
Beim Full Post-Editing wird der maschinelle Output vom Post-Editor auf Genauigkeit und Verständlichkeit geprüft, die Lesbarkeit des Textes wird verbessert und Fehler werden korrigiert. Der ausgangssprachliche Inhalt muss mit dem zielsprachigen Inhalt übereinstimmen. Das Endergebnis kann sich sehen lassen: Es ist genau, verständlich und stilistisch angemessen sowie korrekt in Syntax, Grammatik und Zeichensetzung. Somit unterscheidet es sich nicht von einer Humanübersetzung.
Übersetzung rein von Menschenhand
Apropos Humanübersetzung: Darunter versteht man die rein menschliche Erzeugung der Übersetzung. Sehr wohl werden Termdatenbanken, Translation Memories und CAT-Tools zu Hilfe genommen, nicht aber maschinelle Übersetzungssysteme.
Möglichkeiten und Grenzen von Machine Translation
Es gibt also verschiedene Möglichkeiten im „Produktionsprozess“, wenn der Kunde eine „Übersetzung“ bestellt. Welche davon zum Einsatz kommt, sollte der Sprachdienstleister – eventuell in Absprache mit dem Übersetzer – entscheiden und offen kommunizieren. Er kann beurteilen, ob sich ein Text für MT+PE eignet. Bei vielen Texten ist MT mittlerweile gut einsetzbar, vor allem bei technischen Texten. Durch die Zeitersparnis können Kosten reduziert werden. Marketingtexte mit kreativen Wortschöpfungen hingegen bleiben ein reiner Fall für den menschlichen Fachübersetzer. Die Maschinen werden zwar besser und besser, doch ein Text ist mehr als die Summe seiner Wörter. Und daran scheitert die Maschine. Sie kann nicht zwischen den Zeilen lesen, keinen Kontext herstellen, hat nicht die notwendigen interkulturellen Kompetenzen, erkennt keine Wortspiele und auch keine Tippfehler – und schon heißt ein Satz in der Fremdsprache etwas ganz anderes. Und deshalb braucht es menschliche Fachkompetenz.
Anforderungen an den Post-Editor
Die Maschine ersetzt also den Übersetzer nicht, wohl aber ändert sie seinen Aufgabenbereich in Richtung Post-Editing. Wichtig zu wissen ist, dass es sich beim Post-Editor um einen Fachübersetzer mit entsprechender Ausbildung und Erfahrung handelt. Es ist die gleiche Person, die sonst (auch) Humanübersetzungen durchführt. In der ISO 18587 (Post-Editing-Norm) werden folgende Anforderungen aufgelistet:
- Übersetzungskompetenz
- sprachliche und textliche Kompetenz in der Ausgangssprache und der Zielsprache
- Fähigkeit zu recherchieren und die Informationen zu verarbeiten
- kulturelle Kompetenz
- technische Kompetenz
- Kenntnisse im jeweiligen Fachgebiet
- Wissen im Bereich maschineller Übersetzungssysteme
- Kompetenz in der Beurteilung zur Tauglichkeit von MT
Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass Post-Editoren vor allem eines können müssen: es auch mal gut sein lassen. Die Schwierigkeit besteht nämlich oft darin, nicht alles im eigenen Stil umzuschreiben.
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Die im Text gewählten personenbezogenen Bezeichnungen sollen sich ausdrücklich auf alle Geschlechter in gleicher Weise beziehen. Soweit im Text die männliche Form gewählt wurde, geschah dies aufgrund der besseren Lesbarkeit. Hintergründe zu unserer Entscheidung finden Sie in unserem Artikel So lebt MEINRAD das Thema Gleichberechtigung und gendergerechte Sprache.
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