Übersetzungseinkauf

MedTec-Start-up medaia: „Mit schlechten Übersetzungen hat man im B2B verloren“

Albin Skasa von Medaia

Albin Skasa ist Geschäftsführer des österreichischen MedTec-Start-ups medaia, das mit der App „SkinScreener“ eine niederschwellige Hautkrebsfrüherkennung bietet. Im Interview spricht Skasa über die Herausforderungen auf dem Weg zur Zulassung eines Medizinproduktes sowie über die Wichtigkeit und Wirkung von qualitativ hochwertigen Übersetzungen im Rahmen der Internationalisierung.  

Bitte erzählen Sie uns etwas über Ihre Tätigkeit beim Start-up medaia und über Ihr Team. 

medaia ist ein Grazer Start-up-Unternehmen, das mit der App „SkinScreener” einen niederschwelligen Zugang zur Hautkrebsfrüherkennung bietet. Die Gründer von medaia sind zwei Ärzte, ein Dermatologe und ein Allgemeinmediziner. Sie haben 2015 die Idee verfolgt, mit dem Smartphone Hautläsionen klassifizieren zu können. Bei Hautkrebs ist Früherkennung extrem wichtig – wird ein Melanom nämlich früh erkannt, liegt die Heilungschance bei über 90 %. Wird es hingegen spät erkannt, nur mehr bei rund 5 %. 2018 war die MVP-Version der App fertig, und eine Studie wurde an der MedUni Graz in Auftrag gegeben. Die Gründung des Unternehmens medaia GmbH erfolgte 2019, und in weiterer Folge wurde daran gearbeitet, „SkinScreener“ als Medizinprodukt schlussendlich im August 2020 in Österreich, Deutschland, Großbritannien und Irland für Android und Apple auf den Markt zu bringen. Danach haben wir sukzessive unser Team auf- und ausgebaut. Ich selbst bin seit Ende 2020 bei medaia, seit August 2021 in der Rolle des Geschäftsführers für die wirtschaftlichen Geschicke verantwortlich. Wir sind derzeit ein Team aus 12 Köpfen aus den unterschiedlichsten Bereichen – darunter natürlich Software Development, Regulatory Affairs oder Marketing. Seit Ende 2022 sind wir nach ISO 13485 und gemäß MDR zertifiziert. Eine hohe Produktqualität ist uns deshalb sehr wichtig. 

Die App „SkinScreener“ ist also das Herzstück. Welche Entwicklungen beschäftigen Sie zurzeit besonders? 

„SkinScreener“ ist weltweit eine der ersten Apps im Endkundenbereich, die ausschließlich mithilfe von künstlicher Intelligenz frühzeitig Hauttumore erkennt – und zwar mit einer Quote von über 90 %. Mittlerweile haben wir 270.000 Downloads im B2C-Bereich erreicht und 630.000 Bilder analysiert. Auch Versicherungen zählen zu unseren Kunden. 

Die App soll den Gang zum Hautarzt nicht ersetzen, sondern eine Ergänzung sein. Ich persönlich glaube, dass sich das Gesundheitssystem in vielen Ländern bis zum Ende der Dekade massiv verändern wird. Meiner Einschätzung nach wird es Plattform-Lösungen und unterschiedliche Lösungen mit künstlicher Intelligenz für Gesundheitsfragen usw. geben. Wir werden nicht mehr mit jedem Anliegen in der Arztpraxis vorstellig werden (können). Einige Dinge werden wir als Bevölkerung selbst erledigen müssen, um die Gesundheitssysteme am Laufen halten zu können. Hier setzt unsere App an. Unser Anspruch und zugleich Mission ist es, qualitätsvolle Tools für die Früherkennung von Hautkrebs und in weiterer Folge Hautkrankheiten möglichst niederschwellig und ohne großen Aufwand bereit zu stellen. Laien sollen schnellstmöglich eine Ersteinschätzung erhalten. 

Eventuell können Sie uns kurz den Entwicklungsprozess von der Idee bis zur Umsetzung veranschaulichen? Welche Hürden mussten Sie überbrücken, bis die App für die Zulassung zum Markt bereit war? 

Man braucht zunächst natürlich einmal die Idee und die Entwickler. Ebenso erforderlich für die Herstellung eines Medizinprodukts sind aber vor allem auch Experten im regulatorischen Bereich. Wir haben drei Mitarbeiter in diesem Bereich. Parallel mit dem Aufbau der Technischen Dokumentation haben wir immer auch am Qualitätsmanagementsystem an sich gearbeitet. Im Qualitätsmanagement müssen der Technik- und der Prozessbereich sowie der klinische/medizinische Bereich zusammenspielen, sodass man letztlich auch ein Medizinprodukt und ein ISO-zertifiziertes System etablieren kann. In die gesamte Entwicklung unserer App sind bis dato fast 2 Millionen Euro geflossen. 

Mit dem Erschließen neuer Märkte taten sich dann vermutlich neue Herausforderungen auf? 

Ja, das ist richtig. Die nächste Herausforderung stellte und stellt das Expandieren in andere Märkte dar. Selbst wenn es in Europa einen harmonisierten Markt gibt, gibt es in den einzelnen Ländern wieder spezielle Vorschriften. Das lässt sich nur mit einem Team mit einschlägigem Know-How, den entsprechenden finanziellen Mitteln und auch Geduld bewerkstelligen. Geduld, weil es für die Zulassung in Ländern außerhalb Europas verschiedenster Dinge bedarf und die Zulassungsstellen in diesen Ländern auch gut ausgelastet sind. 

Die „SkinScreener“-App soll es ja möglichst vielen Menschen auf der Welt ermöglichen, ein gesundes Leben zu führen. Die Internationalisierung durch einen mehrsprachigen Auftritt ist hier also nötig. Wie sind Sie an das Thema Übersetzungen für Ihre Softwartexte oder andere Dokumente rund um die App herangegangen?  

Wir sehen uns als Exporteur. Eine App via AppStore in andere Länder zu bringen wäre an sich ja ganz leicht, wenn hier nicht die Regulatorien der einzelnen Länder ins Spiel kämen, die es bei Medizinprodukten gibt.  

Unsere App gab es von Anfang an in vier Ländern. Zunächst haben wir die Übersetzungen – und das war ja nur ins Englische – selbst gemacht. Dadurch, dass mit Frankreich, Italien, Portugal und Spanien neue Länder interessant wurden, hat sich natürlich auch ein Übersetzungsbedarf ergeben. Als ich zu medaia stieß, hatten wir bereits einen Übersetzungsdienstleister. Allerdings war das Feedback, das ich von verschiedenen Personen in diesen Ländern eingeholt haben, nicht so gut. Die Übersetzungen wurden als holprig, also auf gut Österreichisch „mehr schlecht als recht“, bewertet. Der Auditor unserer benannten Stelle hat diesen Punkt auch sehr bemängelt. Das Produkt, also die App, wurde dadurch zwar nicht gefährlich, aber schlechte Übersetzungen sind nicht unser Anspruch. Wir bieten ein hochwertiges Medizinprodukt, da muss auch die Sprache stimmen. Qualität zeigt sich meiner Meinung nach auch in der Sprache. Daher habe ich mich nach einem neuen Übersetzungspartner umgesehen, der auch unseren Fokus auf Automatisierung teilt. 

Was sind für Sie die wichtigsten Kriterien bei einer Übersetzungsagenturauswahl? Wie und wo haben Sie nach einem passenden Dienstleister gesucht? Spielte der Faktor Regionalität hier eine Rolle? 

Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht mehr so genau, wie ich gesucht habe und wie ich letztlich auf MEINRAD kam. Aber für mich ist die Spezialisierung auf medizintechnische Übersetzungen enorm wichtig. Und ja, auch die Regionalität spielt eine gewisse Rolle. Man kann heutzutage zwar auch remote arbeiten und alles via Internet oder telefonisch regeln, aber bei einem Unternehmen ums Eck habe ich einfach die Gewissheit, dass es „greifbar“ ist. Und ich kann mir ein besseres Bild von den Menschen machen, die dahinterstehen. Die ISO 13485-Zertifizierung ist ein zusätzlicher Bonus, war für mich aber kein K.O.-Kriterium. Wichtig für mich war auch die Reaktionszeit. Die Redewendung „Zeit ist Geld“ trifft nämlich besonders für Start-ups zu – ich kann nicht tagelang auf eine Antwort warten. 

Gibt es Learnings, die Sie aus der Zusammenarbeit mit vorherigen Dienstleistern mitgenommen haben? Im Besonderen, wenn etwas mal nicht so gut funktioniert hat? 

Ein solches Learning für uns als App-Entwickler war definitiv, dass man einen Längenzuwachs bei der Übersetzung / Lokalisierung miteinplanen sollte, wenn man sich später viel Arbeit ersparen möchte. Darauf weisen einen weniger empfehlenswerte Übersetzungsbüros aber nicht hin. Ein Spezialist auf diesem Gebiet ist hier einfach eine enorme Hilfe und spart letztlich Zeit und Kosten. 

Ich glaube, man muss einfach wissen, was man von einer Übersetzung erwartet und welchen Anspruch man hat. Für uns geht die Produktqualität mit der Übersetzungsqualität einher. Im B2B-Bereich hat man mit schlechten Übersetzungen sofort verloren. Wenn dann jemand „Drücken Knopf“ liest, stellt er ja zurecht die Qualität des Produktes infrage. Bei den direkten Anwendern im B2C-Bereich mag das vielleicht noch funktionieren, aber auch das ist nicht unser Anspruch. 

Was würden Sie einem anderen Start-up aus der Medizintechnikbranche raten, wenn Sie jemand um Rat bei der Wahl eines Übersetzungsdienstleisters fragt? 

Ich würde ihm raten, etwas Zeit in die Recherche zu investieren, schließlich soll sich ja eine längerfristige Kooperation mit dem Übersetzungsbüro ergeben. Sich die Website genau anzusehen und die Testimonials zu lesen, ist auf jeden Fall empfehlenswert. Mir ist hier wichtig, dass ich sehe, dass es andere Kunden aus diesem Fachgebiet gibt – ich also sichergehen kann, dass das Übersetzungsbüro sich mit Medizintechnik-Übersetzungen auskennt.  

Sind Zertifizierungen (ISO 13485 und ISO 17100) des Übersetzungsdienstleisters für Sie ausschlaggebend und wenn ja, warum? 

Nicht zwingend. Es spricht natürlich für einen gewissen Qualitätsstandard, aber für uns ist vor allem eine Spezialisierung im medizintechnischen Bereich wichtig und auch die Liebe zur Automatisierung, denn diese ist die Zukunft. „Lästige“ und vermeidbare Tätigkeiten müssen automatisiert werden, damit den hochqualifizierten Mitarbeitern Zeit für die wesentliche Arbeit bleibt. 

Was, glauben Sie, wird die Zukunft in der Life-Science-Branche noch für Überraschungen bringen und welche Rolle wird die KI darin spielen? 

Künstliche Intelligenz – vor allem generative KI – ist eine bahnbrechende Entwicklung – vergleichbar mit der Entwicklung des Internets. Es ist, salopp gesagt, wirklich ein Wahnsinn, wozu KI in der Lage ist, und ich bin sicher, sie wird uns in verschiedenen Bereichen massiv treffen. Ich glaube, sie wird den Textbereich schneller erfassen als, zum Beispiel, den Bildbereich und den Durchfluss im Übersetzungsbereich erhöhen. Aber ich glaube auch, dass die letzte Entscheidung immer beim Menschen bleibt und dieser nicht vollständig ersetzt werden wird. Gewisse Dinge kann die Maschine einfach nicht – und hier spielt dann auch das Thema Haftung eine Rolle. Wer haftet, wenn ChatGPT einen Fehler macht? So sehen wir auch unsere App: Sie kann und soll keinen Dermatologen ersetzen, sondern eine rasche Ersteinschätzung bieten. 

Ihre App-Texte werden mit dem Workflow Humanübersetzung erstellt. Wäre Machine Translation in Kombination mit Full Post-Editing ein denkbarer Service für Sie? 

Auf alle Fälle. Ich würde mir das sogar fast erwarten, sofern sich die Textsorte dafür eignet. Bei kontextarmen Texten wie unseren GUI-Texten ist die Maschine aber derzeit einfach noch nicht soweit, die Zusammenhänge zu erkennen und daher wenig hilfreich bzw. fehleranfällig. 

Zu guter Letzt: Haben Sie Tipps und Tricks für Kollegen aus der Branche, wenn es darum geht, die Internationalisierung zu planen? 

Ich würde einfach dazu raten, frühzeitig an den Export zu denken und sich nach einem geeigneten Partner umzusehen, der nicht nur qualitativ hochwertige Übersetzungen, sondern auch einen entsprechenden Service sowie Beratung rundherum bietet. 

Vielen Dank für das Interview!

 

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Titelbild © medaia

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